Köln ist in den Startlöchern: Mitte September fand die erste Teilöffnung des neuen Rose-Stores am Kaiser-Wilhelm-Ring in der Kölner Innenstadt statt. Die Eröffnung der gesamten Fläche von 900 Quadratmetern (inklusive Lager, Werkstatt und Service-Fläche) ist noch in diesem Jahr geplant. Damit treibt Rose seine Expansion weiter voran: Mit der Präsenz in der Domstadt wird der mittlerweile sechste Store des Omnichannel Fahrradhändlers realisiert. Dort entsteht ein multifunktionaler Tempel für Fahrradfans, welches neue Standards in Sachen Retail-Konzept setzen wird. „Köln ist für Rose das Pilotobjekt in Sachen Next Level Retail“, sagt Tim Böker selbstbewusst. Business-on.de sprach mit dem Retail-Chef über das zukunftsweisende Projekt und die Zukunft des Einzelhandels.
business-on.de: Rose Bikes gibt Gas. Mit Blick auf den neuen Store wird in Sachen Retail eine neue Marschrichtung angegeben…
Tim Böker: Wir gehen den vorgegebenen Weg weiter. Retail wird bei Rose Bikes schon immer sehr aktiv betrieben. Nehmen wir die BikeTown in Bocholt: Ein Glaspalast mit einer Verkaufsfläche von 4.000 Quadratmetern. Der gesamte Komplex hat den Status eines Fahrradtempels und gilt auch heute noch – 16 Jahre nach dem Bau – als unglaublich innovativ. Meiner Meinung nach ist es immer noch der schönste Fahrradladen Europas. Und er setzt Maßstäbe. Zumindest im Fahrradgeschäft gibt es diese Form des gelebten Retails nicht. Wir legen einen hohen Wert auf die Aufenthaltsqualität; neben der Optik, der Verkaufspräsentation, dem Angebot und der Beratung gibt es ein Café im Shop.
Tim Böker: „Köln ist für uns das Pilotprojekt, um echte Retail-Innovation zu entwickeln.“
business-on.de: In welche Richtung geht es? Wie sieht der Retail der Zukunft aus?
Tim Böker: Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich der Einzelhandel von einem Point of Sales zu einem Point of Experience entwickelt hat. Das spiegelt sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wieder. So entwickeln sich Innenstädte zu Zonen, in denen Menschen verweilen, gerne ihre Freizeit verbringen.
Die Zukunft gehört der Community – „alles muss convenient und seamless sein“
business-on.de: Um auf die angesprochenen „Strömungen“ zurückzukommen: Welche Retail-Trends werden in Köln perfektioniert?
Tim Böker: Es gibt ein paar grundsätzliche Dinge, die für Retail in Zukunft wichtig sind: Zum einen die Aufenthaltsqualität. Dem tragen wir Rechnung, indem im Store eine Bar, ein Bistro sowie ein Café eingliedern. Das Ganze soll einen Community-Charakter haben. So werden wir mit „Erwin’s Dropbar“ (benannt nach dem Gründer des Unternehmens, Erwin Rose, sowie mit „Dropbar“ in Anlehnung an den Fahrradlenker; A.d.R) ein eigenes Branding etablieren und zudem eine Lounge anbieten, die den Menschen der Umgebung etwas Cooles gibt: Dort gibt es den leckersten Espresso, und zum Frühstück das beste Panini. Damit wollen wir ankommen in der Community und gleichzeitig mit einem erfolgreichen Community Building uns als Marke vor Ort stärken.
Der zweite Punkt sind die digitalen Prozesse. Ein Retail Konzept muss dem E-Commerce gleich aufgebaut sein. Alles muss convenient und absolut seamless mit dem Webshop und dem Kunden selbst verknüpft sein. Es wichtig, keinen Unterschied zwischen den einzelnen Kanälen zu machen. Retail bewegt sich weg vom Sales Driven hin zum Customer Driven Einfluss. Der Kunde steht kompromisslos im Fokus. Letztendlich nämlich ist es egal, ob sich der Kunde im Laden vor Ort beraten lässt, eventuell eine Probefahrt macht, sein Rad aber weitaus später auf digitalem Weg kauft oder umgekehrt. Aus Erhebungen unseres Münchner Stores wissen wir, dass satte 70 Prozent der Kunden, die online ein Fahrrad kaufen, vorher im Laden waren, um sich beraten zu lassen.
Entsprechend gilt bei uns für alle Touch Points: Customer Journey first!
business-on.de: Wie wird das erreicht?
Tim Böker: Wir orientieren uns an den genannten Punkten: Maximale Verweilqualität, maximale Convenience durch digitale features und maximale Brand experience. Heißt im Detail: Wir bieten einen digitalen Sales-Service: Auf Wunsch kann der Kunde via Smartphone einchecken, Produkt Informationen abrufen und sogar den Kauf vorbereiten. Als einer der ersten Stores überhaupt bieten wir in Köln einen kompletten 3D-BodyScan an, der vom Kopfumfang bis zu den Füßen über 400 Messpunkte abruft und einen 3D-Avatar des Körpers erstellt, mit dem das gesamte Sortiment – das Vollsortiment an Rädern sowie ein Teilsortiment an Teile, Bekleidung, Zubehör -konvertiert werden kann.
Der Verkäufer ist Dienstleister; Beratung und Service als Rose-Keys
business-on.de: Welche Funktion hat da noch der Verkäufer?
Tim Böker: Digital werden Informationen abgespeichert und abgerufen. Der Verkäufer ist bei Rose Bikes Dienstleister und kein Vertriebler. Wir definieren uns über die Beratung und den Service und verstehen uns als ein Ganzes über die Fläche.
business-on.de: Zu Corona stieß der Gedanke allerdings an seine Grenzen. Wie hat sich Retail pandemiebedingt entwickelt?
Tim Böker: Rose@Home ist tatsächlich während des ersten Lockdowns entstanden. Bei uns arbeiten im Retail über 100 Mitarbeiter, denen Kurzarbeit drohte. Dazu bieten wir ein beratungsintensives Produkt an. Daher standen wir vor der Herausforderung, Möglichkeiten zu prüfen, wie wir weiterhin verkaufen können. In der Phase ist die Idee des Bringdienstes entstanden – Rose@Home. Getreu dem Motto „Wenn der Kunde nicht zu uns kommen kann, kommen wir eben zum Kunden“. Apotheken bieten das seit Jahrzehnten an, ebenso ist es bei der Essenslieferung kein Problem. Wir haben ein spezielles Hygienekonzept, passende Bullys besorgt sowie unsere Mitarbeiter eigens auf die neuen Anforderungen geschult. Dazu gibt es eine WhatsApp-Videoberatung, zu der man den Service Rose@Home dazubuchen kann. Das wird sehr gut angenommen.
business-on.de: Von und für Köln… Dient der Lokalpatriotismus ebenfalls als Retail-Schlüssel?
Tim Böker: Auch. Aber das ist nicht der Punkt. Für Rose gilt: Wir wollen keine Länder erobern, wohl aber Städte. Als wir uns für den Standort Köln entschieden haben, war klar, dass Rose sich kompromisslos auf die Domstadt einlassen wird. Entsprechend kompromisslos auch unser Ziel: wir wollen die Nummer Eins in der Kölner Fahrradszene sein.
Vielen Dank für das Gespräch
Homestory mit Marcus Diekmann, Geschäftsführer Rose Bikes GmbH: „Wir brauchen viel mehr Mut“
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