„Bisher war unser Wirtschaftsstandort von einem stabilen Branchenmix geprägt, der uns beispielsweise bei der letzten Krise gut geholfen hat. Mittlerweile ist die Wirtschaft zweigeteilt: In Betriebe, die durch die Pandemie in Existenznot geraten sind, und in Wirtschaftszweige, denen die Krise fast gar nichts anhaben konnte“, so Grünewald. „Eine Erholung auf breiter Front ist allerdings noch nicht in Sicht. Wenn die angekündigten Hilfen nicht bald die Unternehmen erreichen, wird die Situation noch dramatischer. Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand! Wir fordern dazu weitere Erleichterungen, wie zum Beispiel weniger Bürokratiekosten, schnellere Genehmigungsverfahren und Erleichterungen, wo es nur geht. Nur so haben wir die Chance, dass wir nach der gemeinsamen Bewältigung der Pandemie wieder eine starke Wirtschaftsregion mit vielen unterschiedlichen Branchen werden!“ Wenn ganze Branchen wirtschaftlich in die Knie gehen, sind auch die Strukturen dahinter gefährdet. „Gelingt es uns nicht, große Teile der betroffenen Branchen über die Dauer der Pandemie zu retten, hat das gravierende Auswirkungen auf die Innenstädte und Ortskerne in unserer Region. Das müssen wir verhindern!“
Ergebnisse für den gesamten IHK-Bezirk:
Relativ gut durch die Krise gekommen sind bislang Teile der Industrie, hierbei besonders die chemische und pharmazeutische Industrie sowie der Maschinenbau. Dienstleistungsbereiche wie Immobilienwirtschaft, Unternehmensberatungen und die Informationswirtschaft sowie der produktionsorientierte Großhandel sind ebenfalls nicht so stark von der Krise betroffen. „Zum Glück für den gesamten Bezirk sind nicht alle Branchen gleichermaßen betroffen“, sagt Thorsten Zimmermann, Leiter der Geschäftsstelle Rhein-Erft der IHK Köln. „Allerdings bedeutet dies, dass auch in diesen Branchen Umsatz- und Erlösrückgänge zu verzeichnen sind. Auch die Geschäftslage ist weiterhin angespannt und wegen der großen Unsicherheit sind die Investitions- und Beschäftigungspläne sehr zurückhaltend.“
Im Gegensatz dazu stehen Branchen wie die Reisebranche, Gastronomie, Hotellerie, Messewesen, Veranstaltungsbranche, Einzelhandel und konsumorientierter Großhandel sowie Freizeit/Sport und Kultur seit Monaten fast ohne Einnahmen da. „Betroffen sind auch bestimmte Teile der Industrie, wie zum Beispiel die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, der Fahrzeugbau oder die Hersteller von Eisen, Blechen und Metallen und die Elektroindustrie“, schildert Zimmermann die Lage. „Dies resultiert neben der geringeren Nachfrage auch aus Störungen bei der Produktion im In- und Ausland oder Schwierigkeiten bei den Lieferketten.“
Die Geschäftslage bleibt mit minus zwei Prozent im negativen Bereich. Die Erwartungen hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten sind im Vergleich zur Vorumfrage im Herbst von -9,8 auf -3,1 Punkte gestiegen. Es überwiegen also auch bis Anfang Januar noch die Unternehmen, die von einer schlechteren Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten ausgehen. Die Investitionsabsichten sind per saldo um 10,7 Punkte gestiegen, liegen aber immer noch mit -12,9 im zweistelligen Negativbereich. „Die ganz leichten Entspannungszeichen im Befragungszeitraum sind wahrscheinlich auch die positiven Erwartungen zurückzuführen, die im Dezember wegen der beginnenden Impfungen vorherrschten. Hier zeichnete sich für kurze Zeit eine Perspektive ab. Heute sähe das wahrscheinlich schon wieder schlechter aus, das belegen auch die Zahlen der aktuellen bundesweiten Befragungen“, meint Thorsten Zimmermann.
„Die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von einem Wirtschaftswachstum im Jahr 2021 aus – aber eine weitere Verlangsamung der Dynamik ist jederzeit möglich“, sagt Zimmermann. Bis die Wirtschaft wieder auf das Ausgangsniveau des Winters 2029/20 zurückgekehrt sei, könne sich auch noch bis 2022 verschieben, und: „Je länger diese unsichere Phase dauert, desto mehr Unternehmen und Branchen geraten in Schieflage“, so Thorsten Zimmermann.
Industrie
Die Lagebewertung der Industrieunternehmen hat sich im Winter 2020/2021 im Vergleich zum Herbst von -34,2 auf -11,5 Prozent zwar deutlich verbessert, es überwiegen aber immer noch die Unternehmen, die eine schlechte Geschäftslage melden (33,7 Prozent). So hatten sich auch die Erwartungen im Vergleich zum Herbst verbessert: 28 Prozent der Unternehmen glauben an eine verbesserte Lage in den kommenden zwölf Monaten. Als Risiken sehen die Industrieunternehmen vor allem die Inlands- und Auslandsnachfrage sowie die Energie- und Rohstoffpreise. 26,5 Prozent der Unternehmen klagen über einen Eigenkapitalrückgang, 14,5 Prozent über Liquiditätsengpässe und 10,5 Prozent über zunehmende Forderungsausfälle. Jedes dritte Unternehmen rechnet mit weniger Personal. 60 Prozent melden gesunkene Aufträge, die Kapazitätsauslastung liegt bei 72,2 Prozent (langjähriger Durchschnitt 80,4 Prozent).
Einzelhandel
Jedes dritte Unternehmen meldet eine schlechte Geschäftslage. Besonders die Einzelhändler sind weiter pessimistisch, über 40 Prozent gehen von einer schlechteren Entwicklung aus. Dabei nutzen rund die Hälfte der Händlerinnen und Händler auch digitale Vertriebskanäle. Als Risiken gelten die Inlandsnachfrage, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und der Fachkräftemangel. Über Eigenkapitalrückgang klagen 36 Prozent der Betriebe, jedes fünfte Unternehmen hat mit Liquiditätsengpässen und Forderungsausfällen zu tun. Die Investitionsbereitschaft und die Bereitschaft, neue Mitarbeitende einzustellen, bleibt sehr zurückhaltend.
Hotel- und Gaststättengewerbe
Durch die anhaltende Pandemie hat sich die Lage weiter verschlechtert: 96 Prozent der Unternehmen melden eine schlechte Lage. Rund 20 Prozent erwarten Umsatzausfälle von über 50 Prozent, weitere 14 Prozent befürchten Umsatzausfälle zwischen 25 und 60 Prozent. Über ein Drittel kann die Situation zurzeit nicht einschätzen. Als Risiken gelten die Inlandsnachfrage, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Arbeitskosten. Von Eigenkapitalrückgängen ist über die Hälfte der Unternehmen betroffen, ebenso von Liquiditätsengpässen. Folgerichtig ist die Investitionsbereitschaft sehr zurückhaltend und rund 64 Prozent der Unternehmen planen mit weniger Personal.
Ergebnisse für den Rhein-Erft-Kreis
Im Rhein-Erft-Kreis ist die Lageeinschätzung der Unternehmen per saldo deutlich gestiegen. Rund 35 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Lage als gut (Vorumfrage: 24,7 Prozent). Eine schlechtere Lage melden immer noch 20 Prozent der Unternehmen (Vorumfrage: 35,2 Prozent). Der Blick in die Branchen zeigt, dass alle drei Hauptbranchen eine deutlich bessere Lageeinschätzung abgegeben haben. Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate bleiben jedoch im negativen Bereich. 19,1 Prozent der Unternehmen gehen von einer besseren Geschäftsentwicklung aus (Vorumfrage: 18,9 Prozent), 24,3 Prozent (Vorumfrage: 26,4 Prozent) von einer schlechteren. Während Industrie und Handel etwas zuversichtlicher in die Zukunft blicken, bleibt der Dienstleistungsbereich pessimistisch. Die Beschäftigungspläne der Unternehmen im Rhein-Erft-Kreis bleiben zurückhaltend. 13 Prozent (Vorumfrage: 12,1 Prozent) wollen mehr Personal einstellen und 21,7 Prozent (Vorumfrage: 30,8 Prozent) planen mit weniger Personal.
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- Köln: Image by Paul Schütte from Pixabay