Im entschiedenen Fall erhielt die Tochter durch Notarvertrag im Wege der sog. vorweggenommenen Erbfolge von ihren Eltern ein Zweifamilienhaus mit Grundstück. Vater und Mutter waren jeweils zur Hälfte Miteigentümer gewesen und behielten sich im Zuge der Übertragung ein Wohnrecht vor. Zum Zeitpunkt der Grundstücksübergabe hatte der Vater mehrere tausend Euro Steuerschulden. Nachdem das Finanzamt erfolglos gegen ihn wegen seiner Steuerschulden die Zwangsvollstreckung betrieben hatte, erließ es drei Jahre nach dem Besitzerwechsel gegenüber der Tochter einen sog. Duldungsbescheid. Damit erklärte die Behörde die Anfechtung der Grundstücksübertragung wegen Gläubigerbenachteiligung, weil die Tochter die Vollstreckung in das Grundstück so zu dulden habe, als gehöre es noch zur Hälfte zum Vermögen ihres Vaters. Die Tochter hingegen wandte hiergegen ein, dass sie mit der Immobilie auch Verbindlichkeiten in erheblicher Höhe übernommen habe und neben dem Wohnrecht zugunsten ihrer Eltern ein weiteres Wohnrecht zugunsten ihres Onkels dulden müsse. Da das Grundstück damit so weit wie möglich wertausschöpfend belastet gewesen sei, fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung des Finanzamts.
Die Richter wiesen die gegen den Duldungsbescheid gerichtete Klage ab und stellten klar, dass die Schenkung des Grundbesitzes damals zur Gläubigerbenachteiligung im Sinne des Anfechtungsgesetzes führte.
Das Grundstück war auch nicht wertausschöpfend belastet. Denn der örtliche Gutachterausschuss hat für das Grundstück einen Verkehrswert ermittelt, der deutlich über dem Wert der bestehenden Belastungen (Wohnrecht zugunsten des Onkels und auf dem Grundstück lastende Hypotheken zur Absicherung von Darlehen ) lag. Das gleichzeitig zugunsten der Eltern begründete Wohnrecht ist wegen der hiermit verbundenen – gleichzeitigen – Gläubigerbenachteiligung bei der Wertberechnung außer Acht zu lassen.
Das Finanzamt hat auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, weil es den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt und seine Entscheidungen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet hat. Eine alternativ gleich angebrachte und weniger belastende Wahlmöglichkeit stand dem Finanzamt zur Realisierung seiner ausstehenden Steueransprüche im Vergleich zum Duldungsbescheid nicht zur Verfügung.
VSRW-Verlag