Hand aufs Herz, wenn es um unsere Ernährung geht, möchte jeder nur das Beste zu sich nehmen, aber insbesondere in der Hektik des Alltags gehen die guten Vorsätze schnell unter. Müsliriegel scheinen in dieser Hinsicht die moralische Rettung zu sein. Doch was sich gerne wie ein gesunder Snack verkauft, entpuppt sich beim Blick auf die Zutatenliste teilweise als Mogelpackung. Zucker, Konservierungsstoffe und Verdickungsmittel sind nicht unbedingt das, was mit Müsli assoziiert wird. Ein Umstand, der Robert Kronekker und Philip Kahnis ziemlich auf den Magen schlug. Beiden – Kronekker als Ernährungswissenschaftler und Kahnis als Vertriebler im Foodsektor – kam die Idee zu einem gesunden Snack bei einer von vielen langen und stressigen Geschäftsreisen. Vom Beruf her, ohnehin in Ernährungsfragen sensibilisiert, wurden ihnen die vielen leeren Werbeversprechungen von Müsliriegeln, „die eigentlich keine sind“, zu viel. Ein Kurztrip nach England brachte dann die kulinarische Erleuchtung: Dort stießen die beiden Riegelrevolutionäre auf die populären Flapjacks, die auf der Insel seit Jahrhunderten gebacken und nicht wie in Deutschland üblich gepresst werden.
Philip Kahnis und Robert Kronekker: „Wir wollen einfach nur einen geilen Riegel machen!“
Von der Idee inspiriert, wollten die selbsternannten Haferboys auch den deutschen Riegelmarkt mit den englischen Flapjacks bereichern. Ziel ist es, „einfach nur einen geilen Riegel zu machen“ – und zwar „ohne Schnick-Schnack und falsche Versprechen“. Nach einigen Monaten Testphase ist der Traum Wirklichkeit geworden. Seit dem 31. Oktober 2013 gibt es die gesunden Flapjacks offiziell zu kaufen. Die Hafervoll-Riegel bestehen ausnahmslos aus natürlichen Zutaten. Die Basis bilden dem Namen entsprechen Haferflocken, die mit Honig, Sonnenblumenöl und wahlweise Nüsse, Samen und getrockneten Früchten vermengt und gebacken werden. Was so einfach klingt, war harte Arbeit. In 317 Küchenversuchen feilten die Startups nach der perfekten Rezeptur; auf 69 Anfragen an Hersteller kamen 68 Absagen. Business-on.de-Geschäftsführer Christian Weis sprach mit den Haferboys Robert Kronekker und Philip Kahnis über die Geschmacklosigkeit der Ernährungsbranche, die Hürden der Gründerphase und die Herausforderung, etwas Gesundes lecker und obendrauf erfolgreich zu machen.
Business-on.de: Ist das derzeitige Angebot im Ernährungssektor derart desolat, dass eine Eigenkreation die einzige Lösung war?
Robert Kronekker: Von Berufswegen her sind wir beide hinsichtlich des Ernährungsangebots sehr sensibilisiert und haben uns des Öfteren darüber geärgert, dass viele Produkte Mogelpackungen sind. Statt „100 Prozent Natur“ – so wie es angepriesen wird – finden sich immer wieder versteckte Zusätze sowie zu viel Zucker. Gesunde Snacks für Zwischendurch sind leider immer noch Mangelware.
Philip Kahnis: Lebensmittel mit bis zu 50 Zutaten können nichts Gutes beinhalten. Während wir unsere Hafervoll-Flapjacks gepitcht haben, haben wir unsere Zutatenliste mit der von klassischen Riegeln verglichen und mussten feststellen, dass herkömmliche Müsliriegel bis zu zehnmal mehr Zutaten auflisteten. Wir wollten es einfach halten und ein simples, natürliches Produkt schaffen.
Business-on.de: Simple und natürlich… geht das nur mit Müsli?
Philipp Kahnis: Wir sind Müslifans, aber eine Schale Müsli kannst Du nicht transportieren. Auch für Müslipots, die eine Alternative für uns gewesen wären, braucht man heißes Wasser oder heiße Milch. Unser Grundgedanke war es also etwas zu entwickeln, was so gesund und vollwertig wie ein Müsli und so einfach zu transportieren wie ein Riegel ist. Daher haben wir anfangs immer gesagt, Hafervoll ist das Müsli für die Hosentasche.
Robert Kronekker: Wir haben uns dabei an den Flapjacks aus England orientiert. Dort werden die Müsliriegel gebacken – nicht gepresst wie in Deutschland üblich. Mittlerweile werden jedoch auch dem traditionellen Backverfahren chemische Zutaten beigemengt. Wir haben uns damals gesagt, dass es doch möglich sein muss, das alte Herstellungsverfahren wiederzubeleben. Demnach werden unsere Riegel alle in Handarbeit hergestellt und kommen ohne den ganzen Schnick-Schnack aus. Back to the Roots also und wie selbst gebacken.
Business-on.de: Zurück zum Ursprung hört sich super an, aber kann man sich so einfach gegen ein industrielles Herstellungsverfahren stellen? Immerhin gibt es insbesondere in der Lebensmittelbranche bestimmte Auflagen zu erfüllen.
Robert Kronekker: Unsere Erfahrung in der Lebensmittelbranche hat uns sehr geholfen. Was die Auflagen betrifft: Wir arbeiten mit TÜV-zertifizierten Laboren zusammen und auch unsere Bäckerei kann alle Gütestandards vorweisen. Was sich einfach anhört hat lange gedauert. Wir haben alles selbst ausprobiert und selbst gebacken im Vorfeld. Es hat ewig gedauert bis wir auf die richtige Rezeptur gekommen sind. Eine besondere Herausforderung war der Verzicht auf Konservierungsmittel und Industriezucker.
„Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich kompromisslos gesund zu ernähren!“
Business-on.de: Natur pur ist immer noch ein Nischenprodukt; der Mainstream setzt weiterhin erfolgreich auf Geschmacksverstärker. Wie glaubt Ihr ohne aromatische Zusätze gegen die Konkurrenz bestehen zu können?
Philip Kahnis: Wir haben ein innovatives Produkt und treffen den Zeitgeist und Wunsch nach gesunder Ernährung. Viele Verbraucher haben immer weniger Zeit und wollen trotzdem etwas Hochwertiges und Ehrliches. Unsere Flapjacks kann man ohne schlechtes Gewissen zum Beispiel als Frühstück zu seinem Kaffee „wegsnacken“. Wir wollen die Verbraucher nicht täuschen oder Zutaten verstecken. Die Sorte Kakao-Haselnuss hat beispielsweise nur fünf Zutaten. Das ist Spitze im Vergleich zu klassischen Müsliriegeln. Innovation und Spaß am Entwickeln von Lebensmitteln treibt uns an. Ich denke wir haben einen Nischenmarkt gefunden, auf dem wir uns behaupten können.
Business-on.de: Mit der Idee des gesunden Snacks gehörte Hafervoll zu den Hauptpreisträgern der ersten beiden Stufen des NUK Businessplan Wettbewerbs. Gerade Startup s laufen Gefahr, dass ihre Idee von den bereits auf dem Markt etablierten kopiert wird. Wie wappnet sich Hafervoll gegen Nachahmer?
Philip Kahnis: Die Nachahmerfrage kam während unserer Gründung immer wieder auf. Und auch unsere Antwort blieb stets dieselbe: Innovation ist der beste Schutz gegen Kopien. Mittlerweile können wir mit Cashew-Cranberry, Mandel-Rosine mit ganzen Mandelstücken, Kakao-Haselnuss und Mohn-Aprikose vier Geschmacksrichtungen anbieten. Wir entwickelt gerade fleißig an weiteren Geschmacksrichtungen die über die klassischen Sorten im Regal hinaus gehen. Wir werden uns noch einiges trauen. Auch Weiterentwicklungen haben wir schon auf dem Plan.
Gegenwind: „Das geht nicht“ oder „unmöglich“ waren die gängigen Antworten
Business-on.de: Zu euren treuesten Kunden gehören die Mitglieder von Startnext. Die Crowdfunding-Plattform realisierte im Juni des vergangenen Jahres die Finanzierung für die erste Produktion von 10.000 Riegeln. Wie geht es weiter? Wie ist der Vertrieb geplant?
Philip Kahnis: Ein Großteil der Kunden sind uns von Startnext als Kunden geblieben. Neben dem Online-Verkauf, der sehr gut läuft, wollen wir den klassischen Lebensmitteleinzelhandel beliefern. Auch der Sportmarkt ist sehr interessant. Ab Januar starten wir Kooperation mit Sporthändlern. Zusätzlich werden wir auf vielen Messen wie der ISPO in München oder der Eat&STYLE in Berlin vertreten sein.
Robert Kronekker: Thema Vertrieb wird gerade bei Startups extrem aufgebauscht. Dabei ist Vertrieb nichts anderes, als den Mut zu haben, den Hörer in die Hand zu nehmen und Möglichkeiten abzutelefonieren, oder sich ins Auto zu setzen und zu potenziellen Kunden zu fahren. Man darf keine Berührungsängste und keine Scheu vor Absagen haben, sondern diese bestenfalls in etwas Positives ändern.
Business-on.de: Bislang scheint alles reibungslos verlaufen zu sein. Was sind eure Ziele für das Jahr 2014?
Philip Kahnis: Wir wollen ein gutes erstes Jahr hinlegen und weitere spannende Geschmacksrichtungen entwickeln. Wichtig ist aber vor allem, dass wir unserer Idee treu bleiben. Zu Beginn mussten wir mit unglaublich viel Pessimismus umgehen. „Das geht nicht“ oder „unmöglich“ waren die gängigen Antworten der Hersteller. Nun stehen wir mit Hafervoll in den Startlöchern und nichts ist mehr unmöglich.
Business-on.de: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.
Die Bilder des Hausbesuchs bei Hafervoll finden Sie hier.
Hafervoll auf Wachstumskurs
Im Sommer 2014 macht das innovative Startup mit zwei neuen Geschmacksrichtigungen auf sich aufmerksam. Fans der gesunden Riegel können die Sorten Hanf-Sauerkirsche und den WM-Riegel mit brasilianischen Bananen und Paranüssen ab sofort und exklusiv im Online-Shop bestellen.
Im Moment versuchen Philipp Kahnis, Robert Kronekker und ihre Mitarbeiter herauszufinden, welche innovativen Kreationen man noch entwickeln könnte. Dabei arbeiten sie eng mit ihren Kunden zusammen. Ziel ist die Schaffung des nächsten „bombastischen Geschmackserlebnisses“.
Ein neues Team
Derzeit steht bei Hafervoll alles im Zeichen des Wachstums. In den vergangenen Wochen und Monaten wuchs das Team um zahlreiche neue Mitarbeiter. So gehören nun Mediendesigner, Marketing-Spezialisten und Außendienstler zur Belegschaft. Darüber hinaus ist man bei Hafervoll immer auch auf der Suche nach ambitionierten Praktikanten. Wer das Team hinter dem innovativen Produkt kennenlernen und die Chance auf eine Vollzeitanstellung wahrnehmen möchte, kann sich einfach unter [email protected] bewerben.
Viele neue Partner in ganz Deutschland
In den letzten Monaten konnte Hafervoll mehrere Hundert neue Supermärkte und Sportfachhändler aus dem Outdoor- und Fitnessbereich für eine Zusammenarbeit gewinnen. Neben einer deutschlandweiten Listung bei Globus und Sportarena wuchs das Unternehmen dabei vor allem in Nordrhein-Westfalen. Allein im Kölner Raum sind die Flapjacks mittlerweile nahezu flächendeckend erhältlich. Die steigende Beliebtheit und der wachsende Umfang der täglichen Lieferungen machte es sogar notwendig, einen Mitarbeiter allein für den Versand einzustellen.
Kontakt zu Hafervoll
HAFERVOLL GmbH
Wilhelm-Ruppert-Str. 38
51147 Köln
E-Mail: [email protected]
Web: www.hafervoll.de
Christian Weis