Business-on.de: Frau Oppatja, der Sommer steht in den Startlöchern und damit beginnt für viele der Countdown zur Strandfigur. Was lässt sich innerhalb von vier Wochen realisieren?
Leslie Oppatja: Das kommt auf die Vorgeschichte an. Aktuell betreue ich eine Dame, die stramm auf die 40 zusteuert und ihren Körper 39 Jahre vernachlässigt hat. Wer bereits Muskelmasse aufgebaut hat, kann schneller bessere Ergebnisse erzielen, weil auch der Stoffwechsel besser funktioniert. Bevor mit dem Training angefangen wird, ist wichtig, wie die Basis aussieht. Mit einer Bioimpedanzmessung (Anm. d. Red.: Die Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) ermöglicht eine exakte Ermittlung von Fettmasse, Wasserhaushalt, Stoffffwechsel und Körperzellmasse) lässt sich genau, sprich individuell arbeiten. Wer sich an den Trainings- und Ernährungsplan hält und drei Mal die Woche konsequent trainiert, sieht nach acht Wochen gute Ergebnisse. Schneller geht es eigentlich nicht. Der Körper hat eine Adaptionszeit von sechs bis acht Wochen. Zudem gilt: Wer langfristige Erfolge sehen will, muss sich diese auch langfristig erarbeiten.
Business-on.de: Was ist aus Ihrer Erfahrung her die beste Methode, um schnell und effektiv seinen Körper in Form zu bringen?
Leslie Oppatja: Die sieben Jahre, die ich bereits als Personaltrainerin tätig bin, haben mich zu einem Fan von Bodyweighttraining gemacht. Wer mit dem eigenen Körpergewicht arbeitet, ist komplett unabhängig von Zeit und Fitnessgeräten. Übungen wie die Standwaage, Unterarmstütz oder die Kniebeuge sind simpel auszuführen und dabei sehr effektiv; straffen den gesamten Körper und verbessern die Haltung. Wer die freien Übungen mit Kraft- und Ausdauer-Elementen kombiniert erzielt sehr schnell sichtbare Resultate.
„Ohne eine entsprechende Ernährungsumstellung bringt Sport nur wenig“
Business-on.de: Sie sind lizensierte Gesundheits- und Fitnesstrainerin. Wie stark sind Ihrer Meinung nach die beiden Komponenten Sport und Ernährung voneinander abhängig?
Leslie Oppatja: Sehr, sehr abhängig. Aus dem Englischen stammt das Sprichwort „Abs are made in the kitchen not in the gym“. Gerade am Beispiel der Bauchmuskeln wird deutlich, wie wichtig eine entsprechende Ernährung ist. Wer ein Six-Pack will, muss zusätzlich zum Training auf eine extreme Ernährungsweise achten, um sein Ziel zu erreichen. Zucker, Salz, Gewürze und Kohlenhydrate sind tabu. Tatsächlich macht Sport nur 30 Prozent des Erfolges aus, Ernährung bleibt mit 70 Prozent der wichtigste Faktor. Und dabei spreche ich nicht von Diäten, die von der Werbung- und Lebensmittelindustrie in unzählig ständig neuen Varianten angepriesen werden, sondern von einer konsequenten, langfristigen Einstellung zum Essen. Ich sage meinen Kunden immer, sie sollen ihren Körper mit einem Luxuswagen vergleichen. Den würden sie niemals mit günstigem Sprit füttern, von dem sie nicht genau wissen, wie dieser zusammengesetzt ist. Schon komisch, dass wir genau das aber täglich unserem Körper antun. Hier muss ein Umdenken stattfinden.
Business-on.de: Als Ernährungsberaterin stehen Sie zum Paleo-Prinzip, eine Methode, die sich an die ursprüngliche Ernährung der Jäger und Sammler der Altsteinzeit orientiert. Wollen Sie kurz erläutern, wieso dieses Konzept sie überzeugt und sich von all den zahllosen anderen Methoden abhebt?
Leslie Oppatja: Ich bin kein Fan von Diäten. Das ist der erste Punkt, der für Paleo spricht, weil die Methode eben keine Diät ist. Erlaubt sind Fisch, Fleisch, Eier, Obst, Gemüse, Wurzeln, Nüsse und Samen – eben alles, was den Menschen der Altsteinzeit auch zur Verfügung stand. Gemieden werden sollten Zucker, Weizen, Milchprodukte sowie generell alle künstlich hergestellten Zusätze. Aus medizinischer Sicht überzeugt das Back to Basic-Leben: Mit der Ernährungsweise können unter anderem Übergewicht, Magerucht, Magen Darm Beschwerden oder Migräne behoben werden. Und für den Körper und die Form bewirkt Paleo wahre Wunder. Ich empfehle meinen Kunden eine vierwöchige Stoffwechselkur und dann eine Umstellung auf Paleo in Kombination mit Sport. Das funktioniert bei jedem.
„Sport sitzend in Geräten absolvieren? Das kann es nicht sein!“
Business-on.de: Derzeit orientiert sich die Ernährungs- und Fitnessbranche allgemein an der Vergangenheit. So dominieren aktuell Retro-Konzepte wie Bootcamp und Zirkeltraining die Fitnessbranche. Der Sport der „alten Schule“ verzichtet auf vielerlei Schnickschnack und scheint sich auf das Wesentliche zu besinnen. Wie beurteilen Sie mit Ihrer 20-jährigen Erfahrung diesen Trend?
Leslie Oppatja: Es hat die vergangenen Jahre ein Umdenken stattgefunden. Die Mehrheit der Menschen verbringen den Großteil des Tages sitzend. Wir bewegen uns vom Auto ins Büro auf die Couch. Und dann soll auch noch der aktive Teil sitzend in Geräten absolviert werden? Das kann es nicht sein! Fitness bedeutet Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. Das ist durch Gerätetraining nicht zu erreichen. Stattdessen sind Sportmethoden angesagt, die so viele Elemente der Fitness wie möglich anregen. Trimm-Dich-Pfade beispielweise sind hinsichtlich der Kombination aus Ausdauer-, Gleichgewicht-, Koordination- und Beweglichkeitstraining nicht zu toppen. Nebenbei werden pro Stunde enorm viele Kalorien verbraucht. Mittlerweile haben auch Fitnessstudios die Effizienz des freien Trainings erkannt und bauen entsprechend Räume ein, wo ganz ohne Hilfsmittel trainiert werden kann.
Business-on.de: Sport ist ein wichtiger Bestandteil Ihres Lebens. Seit knapp 20 Jahren sind Sie beruflich in der Sport- und Gesundheitsbranche tätig. Gab es in dieser Zeit jemals eine Art „Durchhänger“, in der Sie den Sport und die Ernährung haben schleifen lassen?
Leslie Oppatja: Ein Tief hat es nie gegeben, aber sehr viele Phasen, in denen ich für mich selbst wenig oder weniger als gewohnt gemacht habe, weil es zeitlich nicht passte. Über die Jahre habe ich den Sport in meinen Alltag integriert wie das Zähneputzen. Ich muss morgens nicht überlegen, ob sondern was ich trainiere.
Business-on.de: Sie empfinden es als große Aufgabe und Herausforderung, Ihre Mitmenschen davon zu überzeugen, wie viel Saß Sport machen kann. Welche Motivationstricks wenden Sie dabei an?
Leslie Oppatja: Ziele sind wichtig. Diese sollten klar definiert sein und immer wieder neu vor Augen geführt werden. Dabei muss es nicht immer um eine feste Kiloanzahl sein, die die Waage weniger anzeigen soll. Die Lieblingsjeans, in die man wieder passen möchte, ist als Ansporn ebenso gut. Vor Trainingsbeginn sollte also definiert sein, was man gemeinsam erreichen möchte. Ebenso wichtig ist die Anamnese; im Vorfeld sollten sowohl organische als auch orthopädische Einschränkungen wie auch Allergien und sogar das Schlafverhalten besprochen und bekannt gemacht werden. Nur so kann ein individueller Trainingsplan erstellt werden.
Dennoch sind Phasen in denen weniger bis gar nichts an Gewicht verloren geht völlig normal.
Business-on.de: Wie oft die Woche sollte man Sport treiben, um a) eine körperliche Veränderung zu erzielen und b) einfach nur etwas für seine Gesundheit zu tun?
Leslie Oppatja: Dreimal die Woche sollte Sport in den Alltag integriert werden, um einen Erfolg spürbar und sichtbar zu machen. Nach 72 Stunden muss der Körper, beziehungsweise der zu trainierende Muskel einen neuen Reiz bekommen, um sein Leistungsniveau halten und steigern zu können. Alles darunter lässt den Trainingseffekt schrumpfen, alles darüber führt zu einem Übertraining und das Leistungsniveau sinkt ebenfalls. Im Sport spricht man vom Prinzip der Superkomensensation.
„Zu viel sportliche Belastung macht lustlos und müde“
Business-on.de: Kann zu viel Ehrgeiz demnach auch schädlich für die Gesundheit sein?
Leslie Oppatja: Ja. Ruhephasen sind ebenso wichtig wie aktive Phasen. Zellen brauchen Erholungsphasen, um sich zu regenerieren und erneuern zu können. Nur so kann Muskelmasse aufgebaut werden. Wer seinen Körper permanent nur belastet, fühlt sich schnell ausgelaugt, lustlos und müde. Zudem wird das Immunsystem stark belastet und Krankheiten sind die Folge, durch die meist eine Zwangspause notwendig wird.
Business-on.de: Aus Aerobic wurde Zumba, aus Hantel- wurde Bodyweighttraining. Wie sieht die Fitness der Zukunft aus?
Leslie Oppatja: Zumba betrachte ich persönlich als eine Modeerscheinung. Hingegen biete ich immer noch erfolgreich Aerobickurse an. Um ihre Frage zu beantworten: Ich denke, dass sich vor allem Personaltraining durchsetzen wird. Immer mehr Menschen wollen etwas an ihrem Lebensstil verändern und vertrauen auf die Hilfe von Experten. Zudem sehe ich einen Trend im freien funktionalen Training, der stark weg von geführten Maschinen führt. Fitness wird abwechslungsreicher und effektiver werden. Die Ausrede „Ich habe keine Zeit“ wird es nicht mehr geben. Auch 20 Minuten Workout bringen viel.