Der Fall (verkürzt):
In dem Rechtsstreit streiten die Parteien unter anderem über den Zugang einer ersten Kündigung des beklagten Insolvenzverwalters vom 24. Juli 2007 mit Wirkung zum 31. Oktober 2007.
Der Insolvenzverwalter stellte die Kündigung per Einwurf-Einschreiben zu. Der Einlieferungsbeleg wies den 28. Juli 2007 als Zustelldatum aus.
Die Klägerin hat hierzu behauptet, die Kündigung vom 24. Juli 2007 sei ihr nicht zugegangen. Nach ihrer Rückkehr aus ihrem Jahresurlaub Ende Juli 2007 habe sie sich im Betrieb über ihren Arbeitsantritt informiert. Dabei sei ihr erklärt worden, dass sie eine Kündigung erhalten habe, was tatsächlich allerdings nicht geschehen sei. Die von der Klägerin während ihrer Urlaubsabwesenheit beauftragte Freundin und Zeugin habe den Briefkasten der Klägerin in deren Abwesenheit stets geleert und dabei keine Kündigung vorgefunden.
Das Arbeitsgericht hat in 1. Instanz Beweis erhoben durch Vernehmung der Postzustellerin und auch der befreundeten Zeugin und dann im Ergebnis die Klage abgewiesen, da die Klage gegen die Kündigung nicht fristgerecht erhoben worden sei.
Die Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht hat in der Berufung die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt. Die Kündigung sei per Einwurf-Einschreiben fristgerecht zugegangen.
I. Zugang von Kündigungen
Bei Kündigungen handelt es sich um einseitige Willenserklärungen, die dem Empfänger (dem Arbeitnehmer) wirksam und nachweisbar zugehen müssen. Das Kündigungsschreiben muss im Original von der kündigungsberechtigten Person unterschrieben werden und dieses Original muss dann in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangen. Dies kann entweder durch persönliche Übergabe geschehen oder aber durch Einwurf in den individualisierten Hausbriefkasten. Ein Kündigungsschreiben geht bei Einwurf in den Hausbriefkasten im Rahmen der gewöhnlichen Kenntnisnahmezeiten zu. Dies gilt auch dann, wenn der Mitarbeiter in Urlaub ist oder aber den Briefkasten längere Zeit nicht leert.
II. Beweisfragen
Der Arbeitgeber ist allein beweisbelastet. Er muss den Nachweis führen, dass sein Kündigungsschreiben fristgerecht zugegangen ist. Daher ist von der bloßen Übersendung per Post abzuraten, da hier der Arbeitnehmer den Zugang schlicht abstreiten kann. Abzuraten ist auch von der Variante des Übergabe-Einschreibens gegen Rückschein. Mitarbeiter sind nicht verpflichtet, Übergabe-Einschreiben entgegenzunehmen. Wird niemand zu Hause angetroffen, hinterlässt der Postzusteller lediglich einen Benachrichtigungszettel. Wird dann das Einschreiben nicht innerhalb einer Woche abgeholt, geht es an den Absender wieder zurück. Das Schreiben ist auch dann nicht zugegangen.
III. Sonderfall Einwurf-Einschreiben
Bei der Variante des Einwurf-Einschreibens hinterlässt der Postzusteller das Einschreiben in jedem Fall, auch dann, wenn der Mitarbeiter nicht angetroffen wird. Über den Zustellvorgang fertigt der Postzusteller einen Beleg an. Der Arbeitgeber kann dann sowohl auf einen Einlieferungs- als auch einen Auslieferungsbeleg zurückgreifen, um den Zugang der Kündigung nachzuweisen. In der Rechtsprechung wird teilweise vertreten, dass bei nachgewiesener Absendung eines Einwurf-Einschreibens ein Anscheinsbeweis für dessen Zugang herzuleiten ist. Einlieferungs- als auch Auslieferungsbeleg führten zu einer starken Indizwirkung für den tatsächlich erfolgten Zugang der Sendung.
Im vorliegenden Fall wurde sogar die Postzustellerin, da der Zugang des Einwurf-Einschreibens bestritten war, im Wege einer Beweisaufnahme als Zeugin vernommen. Sie konnte sich zwar an den konkreten Zustellvorgang nicht erinnern. Sie schilderte aber nach Auffassung des Gerichts nachvollziehbar, dass sie bei Einwurf-Einschreiben stets den Auslieferungszettel erst dann unterschreibt, kurz bevor sie den Einschreibe-Brief in den Briefkasten einwirft. Damit war für das Arbeitsgericht ausreichend nachgewiesen, dass die Kündigung mittels Einwurf-Einschreiben tatsächlich zugegangen war.
Hinweis für die Praxis:
Trotz des positiven Prozessausgangs für den Arbeitgeber raten wir von der Übermittlung von Kündigungen per Einwurf-Einschreiben ab. Im vorliegenden Fall konnte nur über eine Beweisaufnahme der Zugang nachgewiesen werden. Uns sind aber auch andere Fälle bekannt, in denen der Postzusteller die Auslieferungsbelege bereits vollständig zu Beginn seiner Rundgänge ausfüllt und dies in einer Zeugenvernehmung bestätigte. Bei einer solchen Aussage wäre der Nachweis des Zugangs nicht geführt. Diese Risiken sollten insgesamt ausgeschaltet werden. Wir empfehlen daher, Kündigungen allein per Boten zuzustellen und den Boten dann über den Zustellvorgang einen kurzen Vermerk anfertigen zu lassen.
LAG Köln, Urteil v. 14.08.2009 – 10 Sa 84/09
Dr. Nicolai Besgen