In diesem Beitrag soll kurz und knapp darauf eingegangen werden, was ein Wiederaufnahmeverfahren ist, welche Voraussetzungen es gibt und auch, ob es sich überhaupt lohnt, es in Erwägung zu ziehen. Diese Informationen sind für Unternehmer und Privatleute gleichermaßen relevant und sollten breite Aufmerksamkeit erfahren. Denn unrechte Urteile gibt es leider immer wieder.
Was ist ein Wiederaufnahmeverfahren?
Der Name verrät es schon: Bei einem Wiederaufnahmeverfahren, wird ein eigentlich abgeschlossener Prozess noch einmal aufgerollt und es kann somit zu einem anderen Urteil kommen. Obwohl ein Urteil also rechtskräftig gefällt wurde, kann es – in der Theorie – noch einmal abgeändert werden. Hierbei spricht man vom Durchbrechen der Rechtskraft.
Es gibt zwei Besonderheiten beim Wiederaufnahmeverfahren. Zum einen ist es sehr selten von Erfolg gekrönt. Die Rechtskräftigkeit in letzter Instanz ist ein hohes Gut und soll somit nicht generell angezweifelt werden – daher sind die Hürden sehr hoch. Und zweitens kann ein erfolgreicher Antrag auf Wiederaufnahme sogar dazu führen, dass die Vollstreckung des Urteils ausgesetzt wird. Haft- und Geldstrafen werden also beispielsweise nicht mehr sofort fällig oder falls es bereits zu einer Strafausführung kam, kann Schadensersatz erwirkt werden.
Welche Voraussetzungen gibt es für ein Wiederaufnahmeverfahren?
Zunächst einmal kann ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens jederzeit gestellt werden, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Also sowohl direkt als auch etliche Jahre später. Da es sich um einen besonderen Vorgang handelt, der nur in seltenen Fällen sinnvoll ist, sollten sich Verurteilte immer vom Rechtsanwalt beraten lassen – speziell einem, der auf Wiederaufnahmeverfahren spezialisiert ist.
Die Gründe für ein genehmigtes Wiederaufnahmeverfahren müssen
schwerwiegend sein, also vermuten lassen, dass das Verfahren hätte anders ausgehen müssen. Eine der häufigsten Begründungen hierfür ist das Finden von Beweismitteln (oder Tatsachen), die zum Zeitpunkt des Prozesses nicht zur Verfügung standen (oder im Falle von Beweismitteln: nicht genutzt wurden), den Verlauf jedoch entscheidend beeinflusst hätten.
Ein weiterer Grund kann die Verletzung von Menschenrechten sein – sofern diese vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannt wurde. Auch gefälschte Urkunden oder Verletzung der Eidespflicht eines Zeugen oder Sachverständigen zählen zu den Gründen, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen können.
Doch egal, welche Begründung vorliegt, sie muss zunächst vom Gericht geprüft werden. Im ersten Schritt wird geprüft, ob der Antrag überhaupt zulässig ist, weil einer in der Strafprozessordnung vorgeschriebener Grund genannt wird. Ist das der Fall, muss anschließend geprüft werden, ob die Begründung tatsächlich zu einem anderen Urteil führen könnte – ist das der Fall, kann es einen direkten Freispruch geben oder das Verfahren wird neu aufgerollt.
Wie hoch sind die Chancen auf ein erfolgreiches Verfahren?
Wie bereits erwähnt, ist das Wiederaufnahmeverfahren nicht als gängige Methode, sondern als Ausnahme zu betrachten. Würden Wiederaufnahmeverfahren ständig rechtskräftige Urteile aufheben, würde das Vertrauen in die Justiz sinken.
Auf circa 3 Prozent wird die Chance beziffert, ein Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich einzuleiten. Eine große Anzahl an Anträgen wird somit abgelehnt. Allerdings gibt es einen Umstand, der den Versuch attraktiver macht: Sobald zugunsten des Verurteilten die Wiederaufnahme stattfindet, darf das Urteil nicht nachteilig ausfallen. Die Strafe kann also nicht erhöht werden. Für Verurteilte ist dies ein erneuter Hinweis darauf, dass die Beratung durch einen Experten für diese Form des Verfahrens unabdingbar ist, da schon ein erfolgreicher Antrag viel wert sein kann. Außerdem kann ein erfahrener Rechtsanwalt realistisch einschätzen, ob sich der Aufwand des Antrags überhaupt lohnt und ob eine ausreichende Chance besteht, zu den 3 Prozent zu gehören.
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