Dr. Stephan Salzmann, Partner, Steuerberater und Rechtsanwalt und Eileen Danner, Steuerberaterin, von der LKC-Gruppe in Grünwald bei München, geben Auskunft zu den wichtigsten Fragen und erklären, wie Unternehmer sich vorbereiten können.
1. Neue Bagatellregelung für E-Commerce-Leistungen und erleichterte Rechnungsstellung
Bislang galt für Online-Händler, die sogenannte „TRFE-Leistungen“ erbringen (Rundfunk-, Fernseh-, Telekommunikations- und elektronisch erbrachte Dienstleistungen), dass die Leistung unabhängig von der Höhe des Umsatzes entsprechend des jeweiligen Steuersatzes im Land des Endverbrauchers zu versteuern war. Ein enormer Aufwand für die IT und die Buchhaltung des entsprechenden Unternehmens, insbesondere bei Klein- und Kleinstunternehmen. Seit der Jahreswende können sich Unternehmer hier über eine deutliche Vereinfachung des Verfahrens freuen. Denn auf EU-Ebene wurde eine einheitliche Bagatellgrenze von 10.000 Euro eingeführt. Die neue Grenze wurde bereits ins deutsche Recht übernommen und gilt seit dem 1. Januar. „Nur wenn der Umsatz des Online-Händlers diese Grenze im vorangegangenen und im laufenden Kalenderjahr überschreitet, entsteht demnach weiter die Umsatzsteuer im Land des Endverbrauchers“, erklärt Danner, „bleibt der Gesamtbetrag der Entgelte unter der Grenze, entfällt der Sprung ins ausländische Steuerrecht.“ Rückwirkend findet die Regelung jedoch keine Anwendung.
Auch die Regelungen für die Rechnungsstellung von Online-Händlern die „TRFE-Leistungen“ erbringen, werden vereinfacht. Sofern diese am MOSS-Verfahren teilnehmen (Mini-One-Stop- Shop), können die Unternehmer ihre Rechnungen entsprechend der Vorschriften des EU-Landes stellen, in dem sie selbst ansässig sind.
2. Neue Haftungsregelungen für Betreiber von E-Commerce Marktplätzen
Ebenfalls seit dem 1. Januar 2019 müssen sich Betreiber von elektronischen Marktplätzen wie ebay, Amazon & Co. auf neue Dokumentations- und Haftungsregelungen einstellen. „Schätzungen zufolge entgehen dem deutschen Fiskus durch den Umsatzsteuerbetrug im E-Commerce jährlich Steuereinnahmen im dreistelligen Millionenbereich“, betont Danner. Zukünftig sollen die Betreiber von elektronischen Marktplätzen daher für die nicht entrichtete Umsatzsteuer auf Lieferungen haften, die Händler über die jeweilige Onlineplattform generieren. Betreiber von Onlineplattformen können dieser Haftung nur dann entgehen, wenn sie von Händlern, die die Plattform nutzen, jeweils die Erfassungsbescheinigung des zuständigen Finanzamts über die steuerliche Registrierung verlangen und entsprechende Aufzeichnungspflichten erfüllen oder nicht registrierte Händler ausschließen. Das Muster für die zunächst noch in Papierform vorzulegende Erfassungsbescheinigung (Vordruck „USt 1 T1“) veröffentlichte das Bundesfinanzministerium (BMF) am 17. Dezember 2018.
Mit Blick auf die erweiterten Aufzeichnungspflichten sind ab 2019 daher sämtliche Betreiber elektronischer Marktplätze verpflichtet, bestimmte Daten von Verkäufern zu erfassen und auf Aufforderung an das zuständige Finanzamt zu übermitteln. Zu diesen Daten zählen unter anderem der Name und die vollständige Anschrift des Händlers, seine Steuernummer, Versand- und Lieferadressen der Käufer sowie der Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes. Um seitens der Online-Händler dem Verlangen der Plattformbetreiber nachkommen zu können, stellte das BMF ebenfalls am 17. Dezember 2018 mit dem Vordruck „USt 1 TJ“ das Muster für die Beantragung der Erfassungsbescheinigung zur Verfügung.
3. Umsetzung der EU-Gutscheinrichtlinie in nationales Recht
Bereits 2016 verabschiedet, muss die EU-Gutscheinrichtlinie zum 1. Januar 2019 in nationales Recht umgesetzt werden. Grundsätzlich sind bei der Ausstellung von Gutscheinen dabei künftig per Definition „Einzweck-Gutscheine“ und „Mehrzweck-Gutscheine“ zu unterscheiden. Während ein „Einzweck-Gutschein“ bereits mit seiner Ausstellung besteuert wird, sind bei „Mehrzweck- Gutscheinen“ hingegen erst ihre Einlösung und damit die Leistungserbringung umsatzsteuerlich relevant. „Konkret ändert sich für Unternehmer vor allem, wie Gutscheine die Umsatzsteuervoranmeldung beeinflussen. Bisher wurden Gutscheine, die den Bezug einer bestimmten Leistung oder einer bestimmten Ware bei einem spezifischen Unternehmen ermöglichten, umsatzsteuerlich als Anzahlung betrachtet“, erklärt Danner. Mit der Neuregelung würde die Umsatzsteuer mit Ausgabe des „Einzweck-Gutscheins“ bereits endgültig festgelegt, somit also angenommen, dass die Leistungserbringung bereits erfolgt bzw. die Ware ausgehändigt worden sei. Erhält der Kunde keine Leistung oder Ware für den Gutschein, weil er diesen nicht einlöst, ist für den Unternehmer keine Korrektur der Umsatzsteuervoranmeldung mehr möglich.
4. „Share Deals“ bei Immobilien(ver)käufen: Neue Regelungen für Personen- und Kapitelgesellschaften
Unternehmer sollten künftig noch mehr Vorsicht bei der Umstrukturierung ihrer Firmen walten lassen, insbesondere wenn diese über entsprechenden Grundbesitz verfügen. Andernfalls drohen unter Umständen eher grunderwerbsteuerliche Konsequenzen als im Status Quo. Künftig soll eine beliebte Gestaltungsmöglichkeit zur Vermeidung der Grunderwerbsteuerpflicht nicht mehr im derzeitigen Umfang gegeben sein. Ein entsprechender Gesetzentwurf des Bundesfinanzministers steht jedoch weiterhin aus. Unklar bleibt aber vorerst, wie künftig die konkrete Grenze für den Eintritt einer Grunderwerbsteuerpflicht aussieht und welche weiteren zu beachtenden Aspekte daraus für Unternehmer entstehen. Diskutiert wird für Personengesellschaften ein Absenken der sogenannten „Schädlichkeitsgrenze“ auf 90 Prozent. Im Ergebnis hieße dies, dass bereits bei einem Verkauf von 90 Prozent der Anteile an einer grundstückshaltenden Personengesellschaft Steuern anfallen würden. Auch soll künftig bei diesen Gesellschaften erst nach einem Zeitraum von zehn Jahren die Veräußerung der „übrigen“ Anteile möglich sein; die „Haltefrist“ für die „übrigen“ Anteile soll also von fünf auf zehn Jahre verlängert werden. „Eine entsprechende Neuregelung des Gesetzes wird meiner Meinung nach kommen. Unternehmer sollten daher eine zeitnahe Umsetzung ohnehin geplanter Anteilsverkäufe in Erwägung ziehen“, rät Salzmann.
Veräußert ein Unternehmer bislang seine Anteile an einer grundstückshaltenden Personengesellschaft, so wird bei einem Wechsel von mindestens 95 Prozent dieser Anteile innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren entsprechend Grunderwerbssteuer fällig. Behält der Verkäufer allerdings mehr als fünf Prozent an der Gesellschaft zurück und veräußert die „übrigen“ Anteile erst nach Ablauf von fünf Jahren, wird für den Verkauf der übrigen Anteile Grunderwerbsteuer nur für diese fällig und nicht auch für die bereits zuvor übertragenen Anteile.
Für Kapitalgesellschaften sind ähnlich gelagerte Reformmodelle angedacht. Kann bislang durch die Einbindung eines (Co-) Investors, der einen entsprechenden Anteil von mehr als fünf Prozent der grundstückshaltenden Gesellschaft erwirbt, das Fällig werden einer Steuer noch vermieden werden, soll dies künftig unter Anwendung derselben Grenzwerte (90 Prozent) ebenfalls nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich sein.
LKC-Gruppe
Die LKC-Gruppe ist Mitglied von HLB Deutschland und berät an 22 Standorten in Bayern, unter anderem in München und Nürnberg, aber auch in Berlin in allen Fragen der Wirtschaftsprüfung sowie der Steuer- und Rechtsberatung. Sie beschäftigt rund 450 Mitarbeiter, davon mehr als 100 Berufsträger, und bietet Full-Service für Unternehmer, Unternehmen, Freiberufler, aber auch für Stiftungen, Vereine und Kommunen an. Die LKC-Gruppe hat 2017 einen Umsatz von 42 Millionen Euro erzielt und gehört damit bundesweit zu den 16 führenden Gesellschaften der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüferbranche. Weitere Informationen unter www.lkc.de.
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