Eine aktuelle Untersuchung des Immobilienmaklers Dahler & Company hat dem Geschäft mit Luxusimmobilien eine prosperierende Zukunft bescheinigt: 2021 sei beispielsweise das Transaktionsvolumen bei Eigentumswohnungen bundesweit gegenüber 2020 um 66% gestiegen (+21 % bei Ein- und Zweifamilienhäusern). Inwiefern können Sie diesen Trend für ihren Standort in Berlin bestätigen?
Auch dieser Trend ist seit Jahren in Berlin festzustellen. Dabei steigen die Preise allerdings nicht nur im bevorzugten und sehr stark nachgefragten Zentrum der Metropole – auch sind es die Randgebiete und sogar der Speckgürtel, welche diese Preisanstiege zu spüren bekommen. Insofern fassen die Angaben von Dahler & Company nicht nur die bundesweite Entwicklung zusammen – sie vermitteln gleichzeitig einen sehr realitätsnahen Eindruck zur Situation in der Hauptstadt.
Worin liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für diese Entwicklung? Lässt sich automatisch alles mit der Pandemie begründen?
Für das Marktumfeld im Immobilienbereich war die Pandemie zunächst ein relevanter Treiber. Verbunden war diese global wirkende Phase mit eindeutigen Wanderungsbewegungen zu Gunsten der Peripherie und zu Lasten der Zentren. Im Falle von Berlin bedeutete Corona für unser Umfeld, dass die Preise in Gemeinden des Hinterlandes so stark anstiegen wie noch nie in der jüngeren Vergangenheit.
In innerstädtischen Lagen profitieren demgegenüber bis heute diejenigen Immobilien, welche etwa über Balkone, Terrassen sowie – wenn möglich – einen Gartenanteil verfügen. Diese auf den ersten Blick vielleicht nicht entscheidenden Faktoren spielen in unserem Segment eine absolute Hauptrolle, wenn es um die Vermittlung einer Luxusimmobilie geht. Hier besteht das größte Interesse innerhalb der Gruppe der Wohnungssuchenden im hochpreisigen Segment. Auch haben sich die nachgefragten Wohnungsgrößen erhöht, da man gerne ein Zimmer mehr haben möchte, um mehr Flexibilität und Rückzugsraum zu haben. Gerade im Home-Office entfalten derartige Faktoren ihre volle Wirkung.
Schaut man sich die Lage in Berlin an, trifft das Angebot auf eine überdurchschnittlich gestiegene Anzahl an Käufern, die auf der Suche nach – wie ich es nenne – “Lifestyle-Immobilien” sind. Mehr und mehr setzt sich dabei das Business-Segment der Start-ups durch, die eine immer relevantere Käufergruppe am Markt darstellen und typisch für Berlin geworden sind. Circa 70% meiner Kunden in 2021 und auch 2022 haben einen solchen Background. Diese Industrie ist auf dem Weg, eine der wichtigsten in Berlin zu werden. Die mit der Etablierung von Firmen verbundenen hochqualifizierten Mitarbeiter werden die Nachfrage ebenfalls weiterhin hochhalten.
Abschließend kristallisiert sich immer mehr ein Zusammenhang zwischen der gewünschten Ausweitung der Wohnungsgrößen und der Entwicklung des Zinsniveaus heraus. Denn bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges waren die Finanzierungskosten so niedrig und Einkommensverhältnisse so hoch wie lange nicht mehr. Jetzt entschieden sich eine konstant hohe Zahl an Erstkäufer zum Erwerb einer eigengenutzten Immobilie.
Welche Faktoren müssen Verkäufer in Ihrem Marktumfeld hinsichtlich der gegenwärtigen Lieferengpässe am meisten beachten?
Die Lieferengpässe merken wir insbesondere in zwei Konstellationen: Auf der einen Seite beim Neubau, auf der anderen bei der Sanierung von Bestandsimmobilien. Fundamental betrachtet, hat dies bereits für enorme Preissteigerungen beim Neubau von Wohnungen gesorgt. Zudem ist dieser Prozess nur schwer für Bauträger zu kalkulieren, sodass der ein oder andere sogar den Baustart nach hinten verlegt hat. Des Weiteren beobachte ich verstärkt, dass die Vorverkaufsquoten wieder höher ausfallen. Das bedeutet, dass der Mindestanteil einer Immobilie vor Freigabe der Hochbaufinanzierung beurkundet sein muss. Derartige Zunahmen waren die letzten Jahre und im Vergleich zur jetzigen Situation nicht zu sehen. Auch Im Bestandssegment leiden besonders Immobilieneigentümer die Ihre Wohnung sanieren oder modernisieren möchten. Denn neben dem Fachkräftemangel verschlimmern nun noch die gestörten Lieferketten sämtliche Planungen. So können die harten Preise am Ende des Tages nur sehr kurzfristig bekannt gegeben werden, was es auch schwierig für die Auftraggeber macht, die Vermittlung der Immobilie zu organisieren. Umso wichtiger ist es, mit genügend Eigenkapital am Markt zu agieren, da so eine gewisse zumindest in Teilen gegebene Unabhängigkeit gegenüber geopolitischen Ereignissen realistisch wird.
Gibt es Lagen die von diesen Engpässen sowie der damit verbundenen Verknappung an Rohstoffen tendenziell weniger und tendenziell mehr betroffen sind?
Definitiv nicht. Denn sobald gebaut wird, haben Immobilieneigentümer und Investoren mit eben diesen Schwierigkeiten gleichermaßen zu kämpfen – unabhängig davon, ob die Immobilie nun in Bernau oder Berliner Zentrumslage gebaut wird. Hinzu kommt noch die vergebene Suche nach Fachkräften, welche sich auch nach Corona und dem Krieg in der Ukraine weiter verschlimmern wird.
Können Sie grundsätzlich eine Prognose wagen, in welche Richtung sich das Business mit Luxusimmobilien entwickelt? Gerade wenn es um das Kaufverhalten in den großen Städten geht?
Derzeit ist eine gewisse Zurückhaltung zu spüren. Während meiner Meinung nach das untere und mittlere Preissegment eine “Vollbremsung” hingelegt hat, wird im oberen und gehobenen Preissegment weiterhin gekauft. Allerdings merke ich jeden Tag, dass Kunden gründlicher eruieren als noch vor einigen Jahren.
Jedoch werden nach wie vor Höchstpreise erzielt und werden sich auch in Zukunft erzielen lassen. Das was den Unterschied zu früher ausmacht, ist die Tatsache, dass Käufer noch sensibler geworden sind, wenn es um die Qualität der Objekte geht. Erfüllen diese nicht die Anforderungen der Interessenten kommt es öfters zu größeren Preisabschlägen in den Verkaufsanbahnungsverhandlungen.
Denn auch Immobilienbesitzer wollen meist die Wertsteigerung derer Immobilien abschöpfen und mit dem Erlös entweder eine Stufe höher auf der Immobilienleiter klettern und sich den Traum des Penthouses oder der Villa erfüllen. Alternativ verwenden viele Marktteilnehmer Gelder um in Aktien und Kryptomärkte zu investieren. Tief gefallene Kurse sowie die horrende Inflation laden auch förmlich dazu ein. Die Frage der Stunde die ich in letzter Zeit in solchen Situationen immer wieder höre lautet: In Immobilien durch Einsatz von Eigenkapital investieren oder an den Börsen spekulieren. Als folge bleibt oftmals nur die Kollision zwischen wirtschaftlichen und privaten Vorstellungen des “wie will ich Leben”.
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Peter Rabitz
Der Diplom-Immobilienwirt Peter Rabitz sammelte nach Abschluss seines Studiums mehr als zehn Jahre lang Erfahrungen in den Immobilienbranchen der USA und der Schweiz. In beiden Ländern konzentrierte er sich früh auf das Segment der Luxusimmobilien. Anfang 2017 machte er sich mit seinem Boutique Immobilienunternehmen Rabitz Property Consulting in Berlin selbstständig. Insgesamt 20 Jahre Berufserfahrung und ein großes nationales wie internationales Netzwerk mit Fokus auf Luxusimmobilien kennzeichnen das Unternehmen.
Bildquellen:
- Peter Rabitz: Rabitz Property Consulting