“Ich wollte nicht mehr nur zugucken, ich wollte mitmischen”, erzählt uns Entrepreneur Coskun Tuna, während er uns durch die neu erbauten Produktionsstudios der KiVVON Media GmbH führt. Dahinter verbirgt sich die Idee einer Plattform für Journalismus. “Die Zeit dafür ist reif”, ist sich der Unternehmer sicher. “Eine deutsche Plattform für Medienschaffende aus Deutschland gibt es bislang noch nicht.” Er verfolge das Ziel, journalistische Kräfte zu bündeln. “Eine Plattform ist langfristig das einzige Vehikel, um Journalismus überhaupt voranbringen zu können.”
Die KiVVON Media GmbH sieht sich als Contentschmiede für News, Reportagen, Trends aus Wissenschaft, Bildung, Reisen und Politik – dem Themenfeld sind keine Grenzen gesetzt. Einzige Regel: Die Inhalte sollen der Wissensvermittlung dienen und einen klaren Mehrwert bieten. Egoshooter haben hier nichts zu suchen. “Hier steht der Content im Fokus”, so Tuna, der sich mit KiVVON einen jahrzehntelangen Traum verwirklicht.
Erst langsam hat er sich rangetastet, obwohl er schon während seines Abiturs gerne einen redaktionellen Berufszweig gewählt hätte. Stattdessen entschied er sich für eine Ausbildung bei der Polizei.
Als er eher zufällig in ein Internetcafé stolperte, war ihm sofort klar, dass das sowas wie ein Tor zu 1.000 Möglichkeiten darstellen würde. Ende 1999 kündigte er den sicheren Job bei der Polizei und gründete mit der Mitfahrzentrale.de sein erstes Unternehmen. Viele weitere sollten folgen. Als Seriengründer hat sich Tuna weit über die Start-up-Szene hinaus einen Namen gemacht. Vor allem seine Neugierde und sein Drang, über sich selbst hinaus zu wachsen, eilen ihm voraus.
Die KiVVON Media GmbH ist sein neuntes Start-up. 500.000 Euro hat er in das Produktionsstudio investiert, das in der Friedrichstraße in Berlin Mitte auf zwei Etagen Raum für Video- und Podcast-Content schafft. Sechs Tonnen Material, darunter zwei Kilometer Kabel, wurden verlegt und verbaut. Herausgekommen ist eines der modernsten Studios Europas.
Mit business-on.de sprach Coskun Tuna über die Herausforderung neuer Anfänge, den Sinn des Content-Business’, über das Ende der Kleinstaaterei-Modelle und über KI als die Gretchenfrage.
business-on.de: Herr Tuna, man kann Sie als “Tausendsassa” bezeichnen. Ist das eine Umschreibung, mit der Sie sich wohl fühlen?
Coskun Tuna: Ich bin zumindest jemand, der keine Angst hat, sich auf etwas Neues einzulassen. Manchmal ist Unwissenheit das Beste, was einem hinsichtlich neuer Unternehmungen passieren kann. Gerade in der Anfangszeit, wenn man sich mit Neuem beschäftigt, freut man sich über eine brutale Lernkurve. Dabei ist man noch nicht so festgefahren wie so genannte Experten auf einem bestimmten Gebiet, sondern eben offen für neue Perspektiven.
Ich bin der Meinung, dass zehn bis zwölf Prozent als Wissensbasis ausreichend sind, um darauf Expertise aufzubauen. Die kommt dann Schritt für Schritt – Learning by doing.
business-on.de: Nach der Döga, der ersten Dönermesse der Welt, der Mitfahrzentrale.de, der Seeding Alliance und etlichen anderen Unternehmen, haben Sie nun mit KiVVON den Launch Ihres neunten Start-ups gefeiert. Welche zehn bis zwölf Prozent an Expertise haben Sie für diese Journalistenplattform mitgebracht?
Coskun Tuna: Vermarktungs- und Plattformexpertise. Die Plattform zu bauen und zur Verfügung zu stellen, ist ja erstmal die halbe Miete. Aber sie muss auch Geld abwerfen. Die Vermarktung und die Monetarisierung kann ich gut durch meine Erfahrungen mit einbringen. Das, was ich nicht hatte, war das technische Know-how für Studioproduktionen. Ich hatte keine Ahnung, wie so ein Studio zustande kommt, welche Voraussetzungen dafür getroffen werden müssen. Wir haben uns zu Beginn mit Experten auf diesem Gebiet zusammengesetzt und so durfte ich erfahren, auf was es eigentlich ankommt.
Was mir ebenfalls noch an Wissen gefehlt hat, ist der Publishing-Background, auch wenn ich mit der Seeding Alliance jahrelang Online-Publikationen verschiedener Verlage und Medienhäuser vermarktet habe. Hier habe ich mir gleich zu Anfang Hilfe von Personengeholt, die einen großen Erfahrungsreichtum aus dem Journalismus und der News-Produktion im TV-Geschäft mitbringen. Ich habe sie gleich als erste im Team angestellt. Man kann schnell dazulernen, man muss nur offen dafür sein. Und schon kombiniere ich drei Expertisen in einer: Publishing, Technologie und Vermarktung.
“Aller Anfang ist schwer. Es liegt an uns, Vertrauen aufzubauen und zu überzeugen.”
business-on.de: Sie hören sich damit ganz zufrieden an.
Coskun Tuna: Aller Anfang ist schwer. Aktuell befinden wir uns ohnehin in einer der schwierigsten Phasen. Die Menschen sind teilweise noch skeptisch, weil wir etwas Neues bieten. Es liegt nun an uns, Vertrauen aufzubauen und potenzielle Partner aus der Welt der Medienschaffenden von dem Mehrwert unserer Plattform zu überzeugen.
Wir können aber auch schon wichtige Erfolge vorweisen: Reporter ohne Grenzen sind mit an Bord. Und auch Frank Überall, der Vorsitzende vom Deutschen-Journalisten-Verband ist mit dabei. Das ist für den Anfang ganz gut. Es sollen weitere Partnerschaften noch folgen
Business-on.de: Woher kommt Ihre Affinität zum Journalismus und Publishing? Laut Medienberichten verfolgen Sie schon seit 2007 das Ziel, in diesem Bereich tätig zu werden.
Coskun Tuna: Seit 2007 ist es zumindest in kress dokumentiert. Ich hatte damals den Plan, eine Journalistenplattform, bzw. eine Plattform für Bürgerjournalismus, zu launchen. Das war allerdings seiner Zeit etwas voraus und es gelang mir nicht.
Der Wunsch treibt mich also schon etwas länger um. Ich habe immer gerne selbst geschrieben und war sehr medienaffin.
Statt das verstärkt in Angriff zu nehmen, habe ich mich nach dem Abitur für eine Ausbildung bei der Polizei entschieden. Das war auch ein Kindheitstraum. Losgelassen hat mich der Wunsch im Journalismus tätig zu werden aber nicht. Ich wollte nicht mehr nur zugucken und Nachrichten von Dritten konsumieren, sondern selbst mitmachen. Das ist mein unternehmerischer Ansatz, den ich bei all meinen Projekten verfolge.
In meiner vorherigen Firma habe ich viele Jahre lang Verlage vermarktet (A.d.R.: Die Seeding Alliance GmbH gehört heute zu 70 Prozent der Ströer Gruppe an) und so einen guten Einblick bekommen.
business-on.de: Wo sehen Sie den Mehrwert einer solchen Plattform, wie sie jetzt KiVVON darstellt?
Coskun Tuna: Für den User: hochwertigen und vielfältigen Content auf einer Plattform kompakt zur Verfügung gestellt. Dabei genießen Sie die Features, wie sie gängige Social Media Portale bieten – Sie können Kanalbetreiber*innen folgen, Content teilen und mit anderen Nutzern sowie mit den Betreibern interagieren. Durch Kommentarfunktionen, die neben den herkömmlichen Textkommentaren auch Videos und Voice-Messages beinhalten, aber auch indem sie sich – die Einwilligung des Kanalbetreibers vorausgesetzt – mit eigenen Inhalten beteiligen. Für Journalist*innen liegt der Mehrwert in der Reichweite, die wir bieten, in der Möglichkeit des Networkings sowie in den unterschiedlichen Möglichkeiten der Formate, die bei der Contenterstellung zur Wahl stehen, aber auch der Möglichkeit, die Arbeit auskömmlich finanziert zu bekommen.
Und für die Branche sehe ich einen großen Mehrwert in der Bündelung von Kräften. Monopolisten aus den USA und China bedrängen immer mehr den Markt, den sie mit ihren eigenen Werten und technischen Algorithmen dominieren.
Aktuell gibt es nichts, was dagegen steuert. Wir sind die erste Plattform aus Deutschland für Medienschaffende aus Deutschland, der es nicht nur um die Distribution von Inhalten für sie geht, sondern um die Schaffung einer gemeinsam betriebenen Plattform, die sich durch den Schulterschluss als Bollwerk gegen die Giganten positionieren wird.
KiVVON Media GmbH: Medien-Eldorado auf 640 Quadratmeter! Modernste Technik für News, Reportagen, Podcasts und Live-TV
business-on.de: Und auch das Studio selbst sucht seinesgleichen…
Coskun Tuna (lächelt): Das stimmt. Mit so einem Studio sind wir weit vorne.
Nicht nur die Größe ist mit 640 Quadratmetern über zwei Etagen vorzeigbar, auch in der Formatbreite sind wir gut aufgestellt. Wir bieten ein 70 Quadratmeter großes TV-Studio, dazu Podcast-Studios, Kontroll-, Regie-, und Technikräume.
Zudem bieten wir auf Wunsch einen Rundum-Sorglos-Service an, für diejenigen, die zwar eine Idee für Content haben, jedoch nicht wissen, wie und wo die Idee umzusetzen ist. Seit kurzem bekommen wir Anfragen Produktionen in unseren Podcast-Studios und im TV-Studio.
Das Tolle daran: Solche Anfragen und Kooperationen sind auch für uns wichtig. Nicht nur als Erlösquelle. Wir lernen zusammen und finden dadurch heraus, was am besten geht und wie sich die Prozesse optimieren lassen.
business-on.de: Verwundert es Sie nicht, dass KiVVON als Start-up so vorlegt, aber die Verlagsbranche selbst sich da eher passiv verhält?
Coskun Tuna: Warum das von den etablierten Medienhäuser nicht anders angegangen wird, kann ich nicht sagen. Am Geld wird es nicht liegen. Bewegtbildformate sind stark im Kommen. Eine Investition in diesem Bereich ist gut gewählt. Immer wenn etwas Neues kommt, ist das Feld frei. Derjenige, der als erstes sät, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die meiste Ernte einfahren. Ich schaue dabei auf uns selbst und gehe einfach den Weg.
business-on.de: Dennoch haben Sie auch Schwierigkeiten erwähnt. Wo sehen Sie die größte Herausforderung?
Coskun Tuna: Wir befinden uns noch weit am Anfang und lernen jeden Tag dazu. Unsere Plattform ist noch nicht so ausgerollt, wie sie es sein müsste. Wir entwickeln hier komplett neu und müssen daher ein paar Wege extra gehen. Ich baue immer die gesamte Technologie neu, wenn ich ein Produkt entwickeln will. Das bietet mir immer die größte Freiheit unabhängig zu sein. Bedeutet aber auch in Zeit zu investieren. Trotzdem kommen wir gut voran.
Die größte Schwierigkeit bestand eher darin, Mitarbeiter*innen zu finden. Ein neues publizistisches Angebot? Für was stehen die? Wer sind die? Noch kein Medium online? Das waren anfangs die Fragen, die dazu führten, dass wir kaum Bewerber*innen hatten. Aber mit der Zeit wurde auch das immer besser. Wir müssen nach wie vor Vertrauen aufbauen, aber das gelingt uns ganz gut.
business-on.de:Wie sind Sie personell aufgestellt?
Coskun Tuna: In Summe haben wir 39 feste Mitarbeiter- plus Freelancer. Im Redaktionsteam beschäftigen wir sieben feste Mitarbeiter sowie acht Werkstudenten. Die Werkstudent*innen waren die ersten, die wir bereits im vergangenen Jahr an Bord holen konnten. Erfahrene Journalisten hielten sich anfangs bedeckt. Wir hatten noch nicht genug vorzuweisen.
Aber die Werkstudentinnen und -studenten wollten zu uns. Und um ehrlich zu sein, war das ein guter Kick-off, weil sie mit einer anderen Dynamik gekommen sind. Sie konsumieren die Medien, die aktuell angesagt sind. Von daher hat das gut gepasst. Es war sozusagen eine glückliche Fügung. Wir mussten nicht groß erklären, wie zeitgemäßer Content sein sollte, sondern konnten uns ganz auf ihre Wünsche und ihre Konsumgewohnheiten einlassen.
Coskun Tuna: “Wenn jeder versucht, sein Ding durchzuziehen, werden wir scheitern!”
business-on.de: Um auf den Mehrwert zurückzukommen: Wieso ist eine Bündelung von Expertise so wichtig? Sind nicht viele Verlagshäuser und auch Journalisten eher darauf bedacht, ihr Alleinstellungsrecht auszuweiten?
Coskun Tuna: Im freien Markt geht es letztendlich immer auch darum, eine beherrschende Stellung zu haben. Der Wettbewerb bleibt wichtig. Doch auch der bedingt in harten Zeiten auch mal einen Schulterschluss. Wenn jeder versucht bis zum letzten Atemzug sein eigenes Ding durchzuziehen, werden wir am Ende alle alleine scheitern.
Ich bin mir dessen bewusst, dass es einige Zeit dauern wird, bis ein Umdenken eine breite Masse findet, aber irgendwann muss man ja auch mal damit anfangen.
Die Zeit ist schon längst reif für Kooperationen. Damit schiele ich nicht nur auf die großen Medienhäuser, sondern insbesondere auch auf lokale Anbieter und einzelne Journalist*innen und Redakteur*innen, die sich neu aufzustellen versuchen.
business-on.de: Hinsichtlich des lokalen Bezugs gibt es allerdings bereits die Möglichkeit, lokale Gruppen über soziale Medien anzusprechen. Auch ein Blog, beziehungsweise eine lokal ausgerichtete Webseite, orientiert sich an kleinen Gruppen.
Coskun Tuna: Richtig. Entsprechende Möglichkeiten gibt es. Aber die sind zum einen aufwändig, zum anderen eingeschränkt in ihrer Funktion. Facebook-Gruppen beispielsweise lassen sich nicht monetarisieren. Und einen Blog zu betreiben ist für die meisten viel zu kompliziert: Du musst Dich um die Technik, um die Domain, um SEO sowie um Deine Reichweite kümmern. Da stößt Du als kleiner Lokalreporter schnell an deine Grenzen. Die meisten geben entkräftet auf
Also habe ich mich dazu entschieden allen Journalist*innen, die Möglichkeit zu geben einen Kanal auf KiVVON zu eröffnen und zu betreiben. Denn die Plattform ist heute das Vehikel, um Journalismus voranzubringen.
Wir bieten über KiVVON die Möglichkeit, verschiedene Formate abzudecken. Der Content steht im Fokus. Wie Du ihn transportierst, ob als Video, als Audio, über Fotos oder als reinen Text, oder sogar in allen Formaten, ist dem Kanalbetreiber, der Kanalbetreiberin überlassen.
“Alles an Content ist willkommen. Solange es nicht um Verschwörungstheorien, Cat Content oder Tanzvideos geht”
business-on.de: Bezieht sich die freie Entscheidung auch auf den Inhalt? Sprich; KiVVON bietet für jeden zu jedem Thema eine Plattform?
Coskun Tuna: Thematisch ist KiVVON eine pluralistische Plattform. Wir sind aber nicht zugänglich für jeden. Dabei geht es nicht um Exklusivität oder um einen elitären Gedanken. Es geht vielmehr darum, von Anfang an unseriöse Inhalte und als bedenklich einzustufende Kanalbetreiber*innen auszuschließen und Content auf Mehrwert einzugrenzen. Alles was mit Fake News, Verschwörungstheorien, Cat Content, Tanzvideos, etc. zu tun hat, ist nicht zugelassen.
Wir sind ausschließlich an wissensvermittelndem Content interessiert – gerne auch Infotainment. Ich habe kein Problem mit lustigen und unterhaltenden Inhalten, wenn informatorischer Nutzen dahinter liegt.
Das Thema ist also erstmal egal. Ob Bildung, Reisen, Kinder, Essen, Sprachen, News aus Politik und Wirtschaft, auch Fashion ist vorstellbar – so lange Mehrwert zu erkennen ist.
business-on.de: Gibt es schon eine Einschätzung, wie der Content einzuteilen ist? Welche Gewichtung werden News bekommen?
Coskun Tuna: Unsere Schätzung geht von einer Relation von 70 zu 30 aus. Infotainment 70 und News, Reportagen und Dokumentationen werden 20 bis 30 Prozent ausmachen.
business-on.de: Mich interessiert, ob es Kritik hinsichtlich der angestrebten Selektion gibt? Die Auswahl könnte auch als Zensur ausgelegt werden. Dabei lebt Journalismus von Meinungsfreiheit.
Coskun Tuna: Es geht um eine Ausrichtung unserer Plattform und nicht um Einschränkung der Meinungsfreiheit. Der Prozess ist auch nicht so kompliziert. Die Auswahl beziehungsweise die Freischaltung eines neuen Kanals läuft transparent und sauber ab. Wer macht uns einen Vorschlag? Gibt es bereits publizierten Content? Hat er ein Konzept oder nur eine Idee? Wir besprechen das gemeinsam in der Redaktion und wenn wir finden, dass das eine coole Sache ist, dann geben wir den Kanal frei.
business-on.de: Wer checkt die Inhalte in welchen Abständen? Und wie soll der Wahrheitsgehalt geprüft werden?
Coskun Tuna: Wir können nach Begriffen und einzelnen Wörtern screenen. Ich vertraue des Weiteren auch auf das Engagement der User, uns fragwürdige Inhalte zu melden.
Trotbz aller Bemühungen wird man einen bösen Willen niemals ausschließen können. Dann müssen wir rigoros handeln und an den Bedingungen festhalten, unter denen damals der Vertrag zustande gekommen ist. Aber der selektive Prozess am Anfang ist schon mehr als die halbe Miete. Im Nachhinein aufzuräumen gestaltet sich immer schwerer.
Coskun Tuna: “Wir nutzen KI als prozessoptimierende Maßnahme, sicherlich nicht, um Content zu generieren!”
business-on.de: Stichwort Algorithmus. Wie geht das mit hochwertigem Journalismus konform?
Coskun Tuna: Der Content steht im Mittelpunkt, dahingehend werden wir auch den Algorithmus entsprechend entwickeln. Was interessiert die Menschen und welcher User/Userin sucht gezielt nach welchen Inhalten? Das sind unsere Learnings. Wir wollen den Algorithmus aus der Kommentarebene raushalten und nicht die Diskussionen darin zum Bestandteil unseres Algos machen. Denn die Kommentare driften oft weg vom Thema. Damit garantieren wir zumindest, dass der Fokus auf dem Content liegt und für den Nutzer passender Content angezeigt wird.
business-on.de: Ebenso ein Buzzword, mit dem sich vor allem der Journalismus beschäftigen muss, ist KI. Wie stehen Sie dazu?
Coskun Tuna: Das ist ein Thema, welches die Verlage erst recht herausfordern wird. Ich werde mich an das Thema langsam herantasten. Ein Sprichwort sagt “Bei Überschwemmungen wird das Trinkwasser knapp”. Content-Marketer sind gnadenlos. Sie werden als erste den Markt überschwemmen, noch vor Redaktionen. Klar für uns ist: Wir haben definitiv kein Interesse an rein KI-erzeugten Inhalten, aber für Recherchen, Daten-Auswertungen und Prozessoptimierungen werden wir es einsetzen.
business-on.de: Auf welche Einnahmequellen kann KiVVON setzen?
Coskun Tuna: Unser Revenue Stream ist auf zwei Hauptquellen ausgelegt. Zum einen kommen Erlöse über den klassischen Weg der Werbeeinnahmen. Alles, was auf KiVVON reinkommt, kommt auch dem Kanalbetreiber zugute. Je nachdem welchen Anteil, also welche Reichweite der Content eines Kanals auf KiVVON erzielt, bekommt der Betreiber einen Anteil von 70 Prozent der Werbeeinnahmen.
Darüber hinaus gibt es noch eine wichtige Besonderheit. Zum Beispiel bietet wir die Möglichkeit, sich auszusuchen, wo die Werbung platziert wird – ich kann also sagen, der Kanal von XY ist so toll, ich buche über ein Tool (Selfbooking-Tool) ohne Umwege direkt Werbung in dessen Kanal rein.
Ich bin der Meinung, dass das vor allem für lokale Journalisten und lokale Reporter wichtig ist. Einer Kanalbetreiberin mit 10.000 Abonnenten, ist eher damit geholfen, wenn sie Werbung vom lokalen Bäcker oder vom Autohaus um die Ecke zeigt. So bleibt der lokale Bezug erhalten und beide Parteien können einen Mehrwert daraus ziehen.
Ein weiterer Punkt ist bezahlter Content. Ab September, spätestens Oktober dieses Jahres lassen sich Paywalls einrichten. Entweder für den kompletten Kanal oder für einzelne Beiträge. Die Betreiber*innen können selbst entscheiden, wie sie damit umzugehen gedenken und ob sie von der Paywall-Funktion Gebrauch machen wollen. Von den Erlösen, die sie generieren schütten wir ganze 90% aus und behalten selbst 10% ein, um unsere Kosten damit abzudecken.
business-on.de: Sehen Sie da nicht das Risiko, dass eben jene 20 bis 30 Prozent, die sich mit hochwertiger Wissensvermittlung beschäftigen, bezahlt werden müssen? Sollte hochwertiger Content überhaupt kosten?
Coskun Tuna: Als Plattform ist unser Bestreben eine gesunde Mischung aus werblichen Erlösen und Bezahlinhalten zu ermöglichen. Ob, wie u. welche Konstellation je Kanal sinnvoll ist, werden wir mit den Kanalbetreiber*innen gemeinsam herausfinden. Von unserer Seite aus ist es wichtig, die Funktionen und Möglichkeiten zu bieten. Welche Preise, Verfahren und Abwicklung werden wir im gemeinsamen Betrieb mit unseren Kanalbetreibern und den Usern herausfinden. Unser Weg ist völlig neu und wir nehmen uns heraus, nicht alles im Vorfeld genau zu wissen, sondern während der Reise als Plattform für Journalismus herauszufinden.
business-on.de: Herr Tuna, vielen Dank für das Interview!
Bildquellen:
- Coskun Tuna: KiVVON Media GmbH
- Coskun Tuna wird verkabelt: KiVVON Media GmbH
- Coskun Tuna Speaker: KiVVON Media GmbH