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Deutliche Kritik an Entscheidungspraxis bei Statusfeststellung von Selbstständigen – vier von fünf befragten Fachleuten halten Rentenversicherung für nicht unabhängig

Foto: Favorit-Media-Relations GmbH

Die große Mehrheit der Sozialrechts-Expertinnen und -Experten, die in ihrer täglichen Arbeit mit Statusfeststellungsverfahren zu tun haben, halten die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in ihren Entscheidungen für nicht unabhängig. Fast zwei Drittel geben an, dass sie öffentliche und private Auftraggeber ungleich behandelt.

Experten-Befragung zu Erfahrungen mit Statusfeststellungsverfahren

Der VGSD hat nach eigenen Angaben Sozialrechtsanwälte, Rentenberater, Compliance-Mitarbeitende großer Auftraggeber sowie Vertreter von Berufsverbänden zu ihren Erfahrungen mit dem Statusfeststellungsverfahren befragt. Wie der Verband in seiner Pressemitteilung bekannt gab, haben 75 Fachleute einen 31 Fragen umfassenden Fragebogen ausgefüllt. Die Teilnehmenden haben in den vergangenen zwei Jahren zusammen mehr als 5.000 Statusfeststellungsverfahren betreut. Im Schnitt prüft die Deutsche Rentenversicherung (DRV) rund 20.000 Statusfeststellungsverfahren pro Jahr.

Im Rahmen einer großen Online-Konferenz hat der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e. V. (VGSD) in enger Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) am 24. Juni 2024 die Ergebnisse der Experten-Befragung, darunter auch viele konkrete Lösungsvorschläge, vorgestellt und diese mit rund 20 Expertinnen und Experten diskutiert, darunter die zuständigen Fachpolitikerinnen und -politiker verschiedener Parteien und der Präsident des Bundessozialgerichts a. D., Professor Rainer Schlegel.

Einstufung als abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit

Im Statusfeststellungsverfahren entscheidet die DRV darüber, ob eine Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit eingestuft wird. Wenn die Betroffenen rechtlich gegen die Entscheidungen vorgehen, würden diese den Fachleuten zufolge von der DRV in jedem sechsten Fall (16 Prozent) korrigiert, von Gerichten sogar in rund der Hälfte der Fälle (48 Prozent). Dabei komme es trotz gleicher Ausgangslage oft zu widersprüchlichen Entscheidungen und in den letzten Jahren seien immer mehr bisher zweifelsfrei Selbstständige nicht mehr als solche anerkannt worden, was bei den Auftraggebern zu hohen Nachzahlungen bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung der Geschäftsführer und Vorstände führen könne. Diese Sanktionen könnten, insbesondere bei kleinen Auftraggebern, existenzbedrohend wirken, so der VGSD.

Selbstständige werden in Leiharbeit gedrängt

Das Statusfeststellungsverfahren führe deshalb zu Rechtsunsicherheit bei den Selbstständigen, vor allem aber bei ihren Kunden. Als Konsequenz würden diese immer häufiger keine Aufträge mehr an Solo-Selbstständige vergeben, sondern stattdessen an größere Unternehmen, sie verlagerten innovative Projekte ins Ausland oder versuchten die Selbstständigen in Leiharbeit zu drängen. Darunter leide die Wettbewerbsfähigkeit der Selbstständigen: Unter Freelancern bestehe inzwischen Auftragsmangel bei gleichzeitigem Fachkräftemangel. Aber auch die Wettbewerbsfähigkeit der Auftraggeber leide massiv, weil sie für eine erfolgreiche Digitalisierung und Transformation auf selbstständige Expertinnen und Experten angewiesen seien, die das nötige Fachwissen in die Unternehmen bringen. Was nicht erreicht werde, sei dagegen eine steigende Anzahl von unbefristeten Festanstellungen!

Das Statusfeststellungsverfahren wurde im April 2022 reformiert. Eine offizielle Evaluation der Reform ist erst Ende 2025 vorgesehen. Schon jetzt sei aber offensichtlich, so der VGSD, dass die Reform nicht die erhofften Verbesserungen gebracht habe. Im Gegenteil, wie die Befragung des zeige.

Bildquellen

  • Selbstständigkeit: Favorit-Media-Relations GmbH
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