Unbezahlte Rechnungen gehören beinahe zum Alltag
Viele Unternehmer warten zu lange auf ihr Geld. Der European Payment Report 2019 hat herausgestellt, dass die Zahlungsmoral europaweit sinkt. Das bringt Unternehmen in finanzielle Engpässe, senkt die Liquidität und kann sogar die Existenz bedrohen. Es sind nicht nur Geschäftskunden, bei denen das zeitweise Zurückhalten offener Forderungen zum Finanzmanagement zählt, die Probleme verursachen. Auch viele Privatkunden warten kalkuliert auf eine Mahnung, bis sie ihre Außenstände ausgleichen, oder zahlen überhaupt nicht. Gerade im Onlinehandel ist nicht nur der Kunde durch betrügerische Anbieter gefährdet, auch der Händler kann leicht an unzuverlässige Kunden geraten.
So schützt man sich vor hohen Außenständen
Zunächst einmal geht es darum, das Entstehen hoher Außenstände von vornherein zu vermeiden. Es gibt bewährte Strategien, dennoch bleibt ein kleines Risiko. Hier sind Anregungen aus der Praxis:
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Onlinehändler können auf Vorkasse setzen. Gerade dann, wenn es um individuell angefertigte Waren geht, die aus einem kleinen Atelier kommen, ist das sinnvoll und wird in der Regel auch akzeptiert.
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Auch bei neuen Geschäftspartnern können Dienstleister sich durch die Vorauszahlung absichern. Üblich ist es, einen Teil der Endsumme im Voraus zu berechnen.
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Genaue Absprachen über Art und Umfang der Lieferung oder Dienstleistung, die anfallenden Kosten und eventuelle Nachbesserungen ersparen Ärger und Missverständnisse, die im Nachhinein entstehen und zu Diskussionen führen können. Alle Vereinbarungen müssen schriftlich festgehalten werden.
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Wer mehrere Zahlungsmethoden anbietet, macht es den Kunden besonders leicht. Beliebt sind Methoden, die das Zahlen mit wenigen Klicks erlauben, etwa Amazon Pay oder Paypal.
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Bietet man bei schneller Zahlung Skonto an, schafft man einen Anreiz, die Forderung zügig zu begleichen.
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Mit dem Ausstellen der Rechnung sollte man nicht zu lange warten. Besonders Handwerksbetriebe lassen oft Zeit verstreichen, bis sie die Forderung verschicken. Am besten erledigt man das so schnell wie möglich.
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Auf der Rechnung muss unbedingt ein festes Zahlungsziel vermerkt sein. Erst so kann überhaupt gemahnt werden. Wer die Rechnung erstellt, bestimmt selbst, welches Zahlungsziel er einsetzt. Welche Fristen üblich sind, unterscheidet sich je nach Branche. Zwischen der bereits erwähnten Vorauszahlung, sieben bis vierzehn Tagen oder sogar drei bis sechs Monaten ist alles möglich. Wer die branchenüblichen Fristen deutlich unterschreitet, wird am ehesten mit mehr Wartezeit rechnen müssen.
Wenn das Geld einfach nicht fließt: Das kann man tun
Die Lieferung ist erfolgt, die Dienstleistung erbracht, die Rechnung wurde gestellt. Nun fehlt nur noch die Zahlung, damit das Ganze abgeschlossen werden kann, doch die lässt auf sich warten. Wie geht man am besten vor?
Wie lange soll man auf sein Geld warten?
Im Grunde kann man am ersten Tag nach dem Verstreichen der vereinbarten Zahlungsfrist mahnen, doch das ist weder üblich noch förderlich für die Geschäftsbeziehung. Nach rund fünf bis sieben Tagen sollte man reagieren.
Ein kurzer Anruf kann vieles klären
Je nachdem, wie gut man den Kunden und die internen Vorgänge kennt, kann ein kurzer Anruf schon genügen. Vielleicht ist die Rechnung nur in der Ablage nach unten gerutscht oder es ist gerade Urlaubszeit und die Buchhaltung ist unterbesetzt. Ein nettes „Hallo“ und eine kleine Erinnerung und schon ist die Angelegenheit geregelt. Doch das funktioniert nicht immer.
Der übliche Weg: eine Mahnung schreiben
Viele Buchhaltungsprogramme bieten die Möglichkeit, mit wenigen Klicks eine Mahnung zu einer bereits bestehenden Rechnung zu versenden. In jedem Fall muss auch hier eine eindeutige Frist gesetzt werden. Das Problem ist, dass man die ausstehenden Zahlungen und deren Fristen im Auge behalten muss, um bei erneutem Verzug gleich reagieren zu können. Wirklich zahlungsunwillige oder zahlungsunfähige Kunden kann man auf diese Weise schwer händeln, denn sie kalkulieren es ein, mehrere Mahnungen zu bekommen. Am Ende bleibt dann nur der Weg zu einem Inkassounternehmen, das die Forderung eintreibt. Bis dahin hat man schon viel Zeit damit verschwendet, seinem Geld nachzulaufen.
Wenn nichts mehr geht: Mahnbescheid delegieren
Manchmal sitzen Schuldner die Sache aus, was man nicht akzeptieren sollte. Es gilt, die nächsten Schritte einzuleiten, um auf jeden Fall sein Geld zu bekommen. Den Kunden oder Geschäftspartner wird man zwar verlieren, doch das ist kein großer Verlust. Wie kann man in letzter Instanz doch noch an sein Geld kommen? Man braucht einen offiziellen Mahnbescheid, um einen Titel erwirken und vollstrecken zu können. Mit einem Online Mahnbescheid kann ein aufwendiges Klageverfahren vermieden werden. Wer es sich einfach machen will, kann den Mahnbescheid online an einen Dienstleister delegieren. Das funktioniert, wenn es sich um eine Geldforderung handelt, deren Zahlungsfrist bereits verstrichen ist. Wegen der anfallenden Kosten für den Mahnbescheid muss man sich als Gläubiger keine Sorgen machen, denn die Kosten des Mahnverfahrens (siehe Tabelle) trägt bei berechtigten Forderungen immer der Schuldner, es sei denn der Schuldner ist nicht in der Lage zu bezahlen.
Wenn Kunden immer mal wieder nicht zahlen: Factoring
In manchen Branchen ist die Zahlungsmoral besonders schlecht, etwa in der Baubranche. Handwerker müssen besonders häufig auf ihr Geld warten. Wer in dieser oder einer ähnlichen Branche tätig ist, kann auf das Factoring zurückgreifen und muss sich nie mehr Gedanken wegen offener Rechnungen machen.
Factoring bedeutet, dass man die offenen Rechnungen an einen spezialisierten Anbieter abgibt. Dieser zahlt sofort aus und tritt beim Kunden als Gläubiger auf. Die Gebühren werden prozentual nach dem Rechnungswert berechnet, dieser Service ist also nicht kostenlos. Natürlich kann man die Kosten in die Produkte oder Dienstleistung einkalkulieren, ähnlich wie es beim kostenlosen Versand gemacht wird. Dann muss man darauf achten, dass man in Bezug auf die Preise konkurrenzfähig bleibt.
Factoring ist einer der einfachsten Wege, sich nie mehr wegen säumiger Zahler Gedanken machen zu müssen. Allerdings ist dieser Service erst für Unternehmen ab einem bestimmten Jahresumsatz verfügbar und kommt damit für kleine Unternehmen nicht infrage.