Online gilt im verstärkten Maße, was auch in der realen Welt festzustellen ist: Egal welches Produkt oder welche Dienstleistung man sucht oder anbietet – die Konkurrenz hat zumindest Vergleichbares im Programm. Während in der physischen Welt oft Faktoren wie die Lage, die Laufkundschaft, die regionale Verwurzelung und eine entsprechende Bekanntheit eine entscheidende Rolle spielen, ist in den Weiten des Internets jede Adresse bzw. URL gleich weit vom potenziellen Kunden entfernt.
Onlineshops und andere Anbieter stehen daher vor der großen Aufgabe ihren potenziellen Kunden verständlich zu machen, warum ihr Angebot dem der Konkurrenz vorzuziehen ist – von den besseren Preisen, über die bessere Qualität, bis hin zu maßgeschneiderten Lösungen oder Produkten, die genau dem Kundenbedürfnis entsprechen. Dazu benötigen sie jedoch zunächst eine Chance, mit ihren Kunden in Kontakt zu treten und sich, ihre Produkte oder Dienstleistungen zu präsentieren. Online bedeutet dies vor allem potenzielle Kunden auf die eigene Webseite oder den eigenen Onlineshop zu lotsen, um überhaupt Informationen vermitteln, Angebote präsentieren und in Interaktion treten zu können.
Im World Wide Web gibt es zwar nicht wirklich eine Laufkundschaft, aber es gibt den Suchmaschinen-Traffic: Ein Großteil der Internetbesucher weiß zwar, was sie benötigen, aber noch nicht, wo und von wem sie es erhalten können. Interessenten geben daher Suchwörter bzw. Keywords wie “Ferienwohnung Ostsee”, “Hausschuhe bequem”, “Gaming-PC zum selber bauen” oder ihrer Nachfrage entsprechende Stichworte in die Suchleisten von Google, Bing oder einer anderen Suchmaschine und erhalten die relevantesten Ergebnisse für ihre Suche.
Nun wissen die Interessenten, wohin sie sich mit ihrer Nachfrage wenden können. Allerdings finden sich in den Suchergebnis-Seiten (die sogenannten SERPs) zum Teil Tausende Ergebnisse, die alle nur einen Klick entfernt sind. Aus praktischen oder zeitlichen Gründen werden jedoch nur die wenigsten potenziellen Kunden viele verschiedene Seiten aufrufen und die Angebote miteinander vergleichen. Sehr viel wahrscheinlicher steuern sie eines der ersten Ergebnisse in den SERPs oder zumindest eine Adresse von der ersten Seite der SERPs an. Weiter hinten platzierte Webseiten erhalten so gut wie keine Besucher über den Suchmaschinen-Traffic und entsprechend erst gar nicht die Möglichkeit, sich und ihr Angebot zu präsentieren.
Eine und wahrscheinlich die einfachste Möglichkeit hierzu ist das Schalten von Werbeanzeigen direkt bei den Suchmaschinen. Diese Lösung bietet kurzfristig oft einen erheblichen Zuwachs an Seitenbesuchern, kann jedoch mittel- und langfristig relativ teuer werden. Ein zweites Problem dieser einfachen Lösung besteht darin, dass Seitenbesucher noch keine Kunden sind und dieser sogenannten Conversion möglicherweise Hindernisse im Weg stehen, die das Suchmaschinenmarketing (SEA) nicht aus dem Weg räumt. Im Onlinemarketing führt daher langfristig kein Weg vorbei an einer umfassenden Optimierung des gesamten Webauftritts mit dem Ziel, den organischen (nicht über Werbeanzeigen generierten) Traffic zu erhöhen und möglichst viele Seitenbesucher zu möglichst treuen Kunden zu machen.
Dazu gehören eine Reihe von Maßnahmen, die sowohl die Optimierung des eigenen Webauftritts, als auch verschiedene Marketingmethoden außerhalb der eigenen Seite (offpage) umfassen und die unter dem Akronym SEO bekannt wurden. SEO (Search Engine Optimization oder Suchmaschinenoptimierung) hilft Unternehmen, gezielt ihre Zielgruppe zu erreichen, indem es sicherstellt, dass ihre Inhalte für relevante Suchanfragen sichtbar, also weit oben in den Suchergebnisseiten platziert sind. Während SEO mittlerweile jedem Online-Marketer ein geläufiger Begriff ist, bleibt eine gewisse Mystik um diese Maßnahmen und Strategien bestehen, schließlich weiß niemand wirklich, wie der Suchalgorithmus funktioniert und entsprechend schwer ist es sich vorzustellen, wie der eigene Webauftritt hinsichtlich dieser Black-Box optimiert werden kann. Wir sprachen in unserem Expertentalk über das Geheimnis des Algorithmus sowie die neuesten Entwicklungen im SEO-Bereich mit Julian Hofmann von der JSH Marketing Agentur aus München.
Business-On: Herzlich willkommen, Herr Hofmann! Erzählen Sie unseren Lesern doch bitte zunächst etwas zu Ihnen selbst und wie Sie dazu kamen eine erfolgreiche SEO-Agentur zu gründen und zu leiten.
Julian Hofmann: Mich hat das Thema schon als Jugendlicher sehr interessiert und hier hatte ich bereits die ersten Feldversuche unternommen, ohne zu wissen, was wir da tatsächlich machen. Parallel zum Studium kam ich dann in eine Agentur, in der ich die Zusammenhänge lernen konnte. Meine eigene Agentur zu gründen war dabei zunächst gar nicht mein Plan. Unterm Strich bin ich aber ein Mensch, der sich in einer Anstellung nicht wohl fühlt. Deswegen habe ich mich über alle Hürden hinweg selbständig gemacht und dann auch die Agentur gegründet.
Business-On: SEO hat in Teilen der Online-Community noch immer einen etwas anrüchigen Ruf, schließlich geht es um die Manipulation des Suchalgorithmus, der selbst bereits eine gewisse Mystik besitzt. Wie erklären Sie Skeptikern ihren Job und die Vorteile von SEO?
Julian Hofmann: Wie erkläre ich meinen Beruf? Indem ich über eine Aussage wie „anrüchig“ erst gar nicht eingehe, denn für manche Leute ist Werbung allgemein etwas schlechtes. Ich sehe das total anders. SEO ist meiner Ansicht nach die Königsdisziplin im Online Marketing und hat mal ganz sicher nichts mit einer Manipulation zu tun. Vielmehr geht es im SEO um den Menschen, nämlich präzise um den, der da gerade auf der Suche nach einer Antwort ist. Man muss sich mal vor Augen halten, dass wir bei alltäglichen Fragen ein Unternehmen (Google) fragen, ob es uns helfen kann. Und dieses Unternehmen verdient damit Geld, dass es von möglichst vielen Menschen genutzt wird.
In der Konsequenz hat Google ein berechtigtes Interesse daran, dass die besten Ergebnisse auch die sind, die der Suchintention des Suchenden am besten entsprechen. Und hier kommt der SEO ins Spiel: Der sorgt nun dafür, dass eine Website die bestmögliche Antwort auf eine gestellte Frage ist. Dabei geht es meiner Ansicht nach vor allem auch darum den zu verstehen, der da gerade auf der Suche ist bzw. viel mehr noch zu verstehen, was der gerade tatsächlich sucht, wenn er doch auch nur 1, 2 oder 3 Worte in ein Suchfeld eingibt.
Business-On: Versuchen wir es ganz konkret zu machen: Angenommen, jemand betreibt einen Online Shop mit ausgefallenen oder innovativen Produkten, für die eine relativ gesicherte Nachfrage besteht, aber der Shop hat kaum Besucher. Was wären in einem solchen Fall die ersten Maßnahmen, die Sie einem potenziellen Klienten empfehlen würden?
Julian Hofmann: Ich würde nicht empfehlen, sondern fragen. Was wurde gemacht? Was wurde sich überlegt usw. Nimmt man einen Online Shop liegt es nahe das Online Einkaufserlebnis mit dem Offline zu vergleichen. Jeder war schonmal in einem Supermarkt oder einer Tankstelle. Wenn man sich vor Augen hält, wie diese aufgebaut sind, dann kann man immer wieder gewisse Parallelen sehen. Supermärkte sind stark strukturiert, es wird darauf geachtet, dass das Einkaufserlebnis kaum gehindert wird. Im Gegenteil gehen wir eher ungern für den täglichen Einkauf in Läden, die so überhaupt nicht strukturiert sind. Gleiches gilt bei Tankstellen. Das Konzept im Aufbau ist stets gleich. Hier sitzen Spezialisten und überlegen wie sie das Einkaufserlebnis nur durch das Stellen der Regale, das Anordnen der Produkte und die Ausrichtung der Kasse verbessern können.
Gehen wir gedanklich zurück zum Online Shop. Bei den meisten Online Shops wird das, was wir im Supermarkt und der Tankstelle täglich erleben, nicht getan. Online Shop Betreiber gehen wie selbstverständlich davon aus, dass es eigentlich egal ist, wie der Shop strukturiert und aufgebaut ist. Dass sie sich zumeist selbst nicht mehr auskennen ist dann das eine, aber ein potenzieller Kunde wird hier nichts finden. Und dann wird diese Seite von Google auch nicht gut bewertet. Ich würde deshalb fragen: Wurden sich wirklich Gedanken zur Zielgruppe gemacht und dazu, wer das finden möchte? Und wurden für diese Personen alle Fragen wirklich beantwortet? Das sind alles zunächst strukturierende Themen. Parallel kann man die Technik der Seite prüfen, denn Ladefehler, Ladezeiten und so einiges anderes gehören ebenso zu einem reibungslosen Einkaufserlebnis. Zu guter Letzt ist immer noch die Frage offen, ob es auch externe Verweise auf den Shop gibt? Wissen andere überhaupt schon davon, dass es diesen Shop gibt?
Business-On: Sie beschreiben sowohl Maßnahmen, die auf der Seite des Seitenbetreibers selbst vorgenommen werden können, als auch Maßnahmen, die ‘Offpage’ umgesetzt werden müssen. Können Sie unseren Lesern diese beiden Bereiche noch einmal etwas genauer darlegen?
Julian Hofmann: Onpage, also auf der Seite, meint alle die Themen, die auf der Website oder dem Online Shop selbst gemacht werden. Dazu gehören üblicherweise die Websitetechnik, Meta Daten, Verlinkungen aber auch der Content. Offpage, also außerhalb der Seite, meint alles das, was ich außerhalb der Seite tun kann, damit es für die Seite gut ist. Üblicherweise gehört hierzu das Setzen von Backlinks, aber auch der Aufbau eines Social Media Profils (mit Verlinkung) oder die Eintragung in entsprechende Verzeichnisse, in welchen die Zielgruppe vielleicht suchen könnte.
Business-On: Das klingt, als würden Sie bei der Onpage-Optimierung den gesamten Webauftritt eines Klienten analysieren und optimieren und nicht nur an ein paar Stellschrauben drehen?
Julian Hofmann: So ist es auch. Ein paar Stellschrauben sind es zwar meist auch, aber möchte man es richtig machen, muss man stets das große Ganze betrachten. Zu mir wird oft gesagt, dass wir ja nur ein paar Klicks machen – das mag bedingt auch manchmal stimmen, aber möchte man wirklich eine Seite oder einen Shop optimieren, dann ist das sehr viel Arbeit.
Business-On: Woher wissen Sie, welche Maßnahmen Erfolg versprechen, schließlich sind die genauen Ranking-Faktoren der Suchmaschinen geheim?
Julian Hofmann: So geheim ist das tatsächlich nicht. Google gibt durchaus vor, wie eine gute Seite sein sollte bzw. was erwartet wird. Allerdings arbeiten wir vor allem auch mit Erfahrungswerten. Wir wissen, welche Maßnahmen erfolgversprechend sind, weil wir es einfach schon so lange machen.
Business-On: Wenn Sie sich die letzten ein, zwei Jahre oder auch die letzten beiden großen Updates des Google Suchalgorithmus ansehen – was glauben Sie, was die nähere Zukunft noch an Chancen und Herausforderungen im SEO- oder Onlinemarketing-Bereich für uns bereithält?
Julian Hofmann: Es wird mehr darum gehen, Content strukturiert auf den Punkt zu bringen und Websites, Antworten und Lösungen in den Alltag zu integrieren. Dabei ist das Thema Wissenstransfer und vor allem die Generierung von relevantem Inhalt schon immer wichtig und für die Zukunft noch um einiges wichtiger. Dabei hat sich die Erwartungshaltung verändert. Niemand ist mehr bereit, einen 10 Seiten SEO Text zu lesen, bis er ganz unten vielleicht die Antwort auf seine Fragen findet. Wir lesen zumeist auf kleinen Bildschirmen und da haben wir wenig Zeit. Und genau das sind die Chancen und Herausforderungen der Zukunft.
Business-On: Vielen Dank für diese interessanten Einblicke in eine Branche, die wie kaum eine andere mit der Dynamik der Digitalisierung umzugehen weiß, Julian Hofmann, Gründer und Leiter der JSH Marketing Agentur in München.
Bildquellen:
- Julian Hofmann: mit freundlicher Genehmigung von Julian Hofmann