Wie kann man in Estland eine Firma gründen?
Eine Firma in Estland, also eine estnische Private Company Limited, zu gründen, ist nicht schwer und geht vergleichsweise schnell vonstatten. Dabei ist es nicht einmal notwendig, dass man sich selbst vor Ort befindet. Auch ein Notartermin wird nicht fällig. In Estland kann man seine Firma theoretisch in nur 18 Minuten gründen. Dafür sollte man jedoch über das nötige Wissen verfügen und geplant vorgehen.
Was spricht für eine Firmengründung in Estland?
Die Firmengründung in Estland ist besonders bei digitalen Nomaden und Startups beliebt. Einige Dinge sprechen dafür. Verfügt man über eine E-Residency-Card, können damit alle notwendigen Unterschriften ganz einfach online eingereicht werden. Geschäftsdokumente können und dürfen rein digital aufbewahrt werden. Die Anschrift des Unternehmens wird durch einen sogenannten Serviceprovider zur Verfügung gestellt. Nicht zuletzt ist ein großer Vorteil, dass Briefpost an das Unternehmen gescannt und schließlich an den Geschäftsführer weitergeleitet sowie danach digital archiviert wird.
Dadurch kann ein Unternehmen bequem von jedem erdenklichen Ort aus in Estland gegründet und geführt werden.
Kann man auch online in Estland gründen?
Wer ein Unternehmen in Estland gründen möchte, muss dafür nicht zwangsläufig in dem Land leben. Stattdessen bietet es über die E-Residency Menschen auf der ganzen Welt verschiedene staatliche Services. Dazu gehört auch die unkomplizierte und digitale Gründung eines Unternehmens.
Ob sich dieses Verfahren lohnt, muss immer individuell überprüft werden, da dies unter anderem von der persönlichen Situation sowie den bestehenden Regeln im Heimatland eines Unternehmers abhängt.
Kann man mit deutschem Wohnsitz ein Unternehmen in Estland gründen?
Verfügt man über einen Wohnsitz in Deutschland, ist es ebenfalls möglich, ein Unternehmen in Estland zu gründen. Dafür muss als Erstes eine E-Residency beantragt werden, was online möglich ist. Die Kosten dafür liegen zwischen 100 und 120 Euro. Abholen kann man sie anschließend an einem Standort seiner Wahl, beispielsweise in Berlin bei der estnischen Botschaft.
Anschließend wählt man einen Anbieter für die Gründung aus. Dieser gilt als Kontaktperson in Estland und stellt dort auch die Adresse. Danach ist die Gründung des Unternehmens in Estland unkompliziert möglich. Zuletzt benötigt man noch ein Bankkonto bei einer estnischen Bank, was sich ebenfalls online eröffnen lässt.
Kann man in Estland eine GmbH gründen?
In Estland kann man die OÜ gründen, wobei es sich um eine vergleichbare Gesellschaftsform zur deutschen GmbH handelt. Sie lässt sich kostengünstig und unkompliziert gründen. Die Gewinne werden zunächst nicht besteuert, letztlich fällt jedoch eine Steuerlast in Höhe von 20 Prozent an.
Dies sind die Merkmale einer OÜ in Estland:
- Stammkapital in Höhe von 2.500 Euro
- Audit erforderlich, wenn 650.00 Euro Jahresumsatz überschritten werden oder mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind
- Notariatspflicht für Gründung (keine Anreise nötig)
- Haftungsbeschränkung auf Stammkapital
- Dauer der Gründung seitens des Registers: ca. 5 Werktage
Welche Gesellschaftsformen kommen infrage?
Möchte man eine Firma in Estland gründen, kommen weitere Gesellschaftsformen dafür infrage. Im Handelsgesetzbuch vom 15.2.1995 ist das estnische Gesellschaftsrecht geregelt. Dieses lehnt sich in vielen Teilen an das deutsche Gesellschaftsrecht an. Folgende Rechtsformen sind laut estnischem HGB für die Firmengründung vorgesehen:
- Einzelunternehmer/Einzelkaufmann (FIE)
- Offene Handelsgesellschaft (TÜ)
- Kommanditgesellschaft (UÜ)
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (OÜ)
- Aktiengesellschaft (AS)
- kaufmännische Vereinigung (ühistu)
- Filiale (Eesti filiaal)
Welche anderen Möglichkeiten gibt es, in Estland selbständig tätig zu sein?
Natürlich ist es auch möglich, im Falle einer Selbstständigkeit in Estland, auch selbst in diesem Land zu leben. EU-Bürger verfügen über das Recht, sich auf Grundlage eines gültigen Reise- oder Ausweisdokuments für bis zu drei Monate in Estland aufzuhalten, ohne dass dafür eine Eintragung des Aufenthaltsrechts erfolgt sein muss.
Erst dann, wenn man sich stattdessen ständig in Estland aufhält, muss man nach drei Monaten den Wohnsitz beim Einwohnermeldeamt in Estland melden. Ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht wird in Estland für fünf Jahre gewährt. Automatisch verlängert es sich um fünf weitere Jahre, wenn man den gemeldeten Wohnsitz danach weiterhin in Estland hat. Einen ständigen Wohnsitz kann man dann anmelden, wenn man im Rahmen des vorübergehenden Aufenthaltsrechts in fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Estland lebte.
In manchen Fällen bestehen auch Ausnahmen, sodass man das Recht auf Daueraufenthalt bereits erhalten kann, bevor die fünf Jahre vorbei sind. Diese Ausnahmen lauten:
- Aufenthalt in Estland seit mindestens drei Jahren, in denen man zwölf Jahre angestellt oder selbständig tätig war und nun das Rentenalter erreicht hat.
- Aufenthalt in Estland seit mindestens zwei Jahren in Verbindung mit Arbeitsunfähigkeit
- Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit
- Selbständige Tätigkeit oder Beschäftigungsverhältnis über mindestens drei Jahre in Estland, dann Arbeit in anderem EU-Mitgliedstaat. Voraussetzung ist jedoch auch, dass man mindestens einmal pro Woche nach Estland zurückkehrt.
Eine Person, die ihren ständigen oder vorübergehenden Wohnsitz in Estland hat, kann von folgenden Leistungen profitieren:
- Familienleistungen
- Mutterschafts- und Elterngeld
- Beihilfen für Personen mit Behinderungen
- Arbeitsunfähigkeitsbeihilfe
- Arbeitslosengeld und -hilfe
- Rente
- Sozialleistungen
Mit welchen Kosten muss man bei einer Firmengründung in Estland rechnen?
Die Kosten für eine Firmengründung in Estland sind vergleichsweise gering. Das Stammkapital ist gleichzeitig auch die Haftsumme und beträgt 2.500 Euro. Im besten Fall kommt es nie zur Haftung, aber wenn doch, bedeutet dieser Umstand in der Regel nicht, dass man auf Lebenszeit finanziell ruiniert ist.
Dazu kommt noch, dass geringe Verwaltungskosten anfallen, da kein Notar benötigt wird und die Verwaltungskosten im Vergleich zu anderen Offshore-Standorten sehr niedrig sind. Letztlich sind alle anfallenden Kosten für die Anmeldung einer E-Residency und der Firma recht überschaubar. Momentan beträgt das Setup einer E-Residency und einer estnischen Firma zusammengenommen ungefähr 300 Euro.
Welche Steuern fallen bei einer Firma in Estland an?
Estland überzeugt mit einem einfachen Steuersystem und allgemein geringen Steuern. Dies bietet einen entscheidenden Vorteil für das Wirtschaftswachstum. Während Unternehmen 20 Prozent Steuern zahlen und das ausschließlich auf tatsächlich ausgeschüttete Gewinne, zahlen Privatpersonen ebenfalls 20 Prozent Steuern, dies aber nur auf Einkünfte anstatt auf Dividendeneinkünfte.
Die Grundsteuer wird nach dem Grundstückswert berechnet, anstatt nach Kapital oder Immobilien. Nicht besteuert werden müssen ausländische Gewinne im Inland.
Deutlich wird das Steuersystem am Beispiel einer OÜ in Estland: Diese funktioniert etwas anders als bei deutschen Unternehmen. Da der ausgeschüttete monatliche Gewinn über 1000 Euro mit 20 Prozent besteuert wird, fallen bei einer Ausschüttung von 2000 Euro demzufolge exakt 200 Euro Steuern an. Der im Unternehmen verbleibende Gewinn wird hingegen nicht besteuert. Deswegen eignet sich eine OÜ in Estland sehr gut als Anlagevehikel und „Sparbüchse“ für viele Unternehmer.
Hinzu kommt, dass sich ein Gehalt aus der Firma steuerfrei auszahlen lässt, gesetzt den Fall, dass man im Wesentlichen operativ tätig ist. Dies trifft auf Freelancer zu, weshalb sich die Estland-OÜ gut für diese eignet.
Zu geringen Kosten und einer geringen Steuerlast lässt sich die OÜ in Estland dann betreiben, wenn man auch den privaten Steuerwohnsitz mit Bedacht auswählt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn man entweder in einem Land mit Territorialbesteuerung lebt oder das Entstehen einer privaten Steuerpflicht erfolgreich verhindert werden kann.
Was ist die estnische E-Residency?
Weltweit war Estland das erste Land, welches eine E-Residency angeboten hat. Dabei handelt es sich um eine digitale Identität, die amtlich ausgegeben werden muss. Man erhält damit einen Zugang zur offenen estnischen Wirtschaft.
Meldet man sich für eine E-Residency in Estland an, erhält man daraufhin eine smarte ID-Karte. Mit dieser kann man sich fortan ausweisen und autorisieren. Mit der Karte lassen sich auch wichtige Dokumente auf digitalem Weg unterzeichnen. Außerdem ist es so möglich, auf sichere Services zuzugreifen und Überweisungen zu tätigen. Das alles funktioniert selbst dann, wenn man nicht in Estland lebt.
Sinn dahinter ist, dass jeder die Möglichkeit erhält, ein estnisches Unternehmen zu gründen – unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsort. Mit der digitalen Signatur kann man innerhalb der gesamten EU Kundenverträge unterschreiben. Dies funktioniert zu 100 Prozent remote.
Die Idee für eine amtliche Smart-ID-Karte existiert bereits seit langer Zeit und die Esten nutzen diese seit 2002. Damit gehört das Land weltweit zu den digital fortschrittlichsten Ländern, gemeinsam mit Dänemark und Südkorea.
Empfehlenswert ist die E-Residency sowohl für im Ausland lebende Menschen, die Estland jedoch sehr schätzen oder dort geschäftlich tätig sind als auch für Esten, die im Ausland leben. Vorteilhaft ist sie besonders für digitale Nomaden, da sämtliche geschäftliche Aufgaben damit digital abgewickelt werden können.
Welche Vorteile bietet die E-Residency?
Mit der E-Residency können sämtliche Vorgänge, wie Unternehmensgründung, Eröffnung von Bankkonten, Tätigung von Überweisungen, Unterschreiben von Verträgen und das Abgeben der Steuererklärung vom eigenen Computer aus erfolgen. Dies vereinfacht viele Prozesse besonders für Freelancer, digitale Nomaden, Unternehmer und internationale Partner. Diese Dinge sind mit der E-Residency problemlos möglich:
- Unternehmen gründen und betreiben
- Banking online abwickeln (zum Beispiel elektronische Überweisungen)
- Zugang zu internationalen Zahlungsdienstleistern
- Dokumente mit internen und externen Partnern digital unterzeichnen
- Authentizität unterzeichneter Dokumente verifizieren
- sicheres Verschlüsseln von Dokumenten
- Steuererklärung online einreichen
Als Digitalnomade in Estland arbeiten
Die Bezeichnung „digitale Nomaden“ gilt teilweise noch als exotisch, besonders für Unternehmer, die den traditionellen Weg der Geschäftsführung bevorzugen. Jedoch setzt sich dieser Trend vorzugsweise bei der Generation Y immer weiter durch. Viele junge Arbeitnehmer verzichten lieber auf eine Festanstellung mit den damit verbundenen Sicherheiten, um stattdessen die Welt zu bereisen und gleichzeitig mit dem Laptop remote zu arbeiten.
Meist sind digitale Nomaden in Bereichen des Affiliate-Marketing, als Blogger/innen von Reiseblogs, Social-Media-Partnerschaften, E-Commerce, Webdesign oder Programmierarbeiten tätig. Der Vorteil dabei, als Digitalnomade in Estland zu arbeiten, ist, dass dieses Land durch seinen digitalen Fortschritt eine solche Arbeitsweise bestmöglich unterstützt. Eine Firmengründung geht vergleichsweise einfach vonstatten, außerdem bietet das Steuersystem viele Vorteile.
Der größte Vorzug für digitale Nomaden besteht jedoch darin, dass man sich nicht in Estland aufhalten muss, um dort eine Firma zu gründen und schließlich zu unterhalten. Stattdessen kann man dies mit der E-Residency überall tun und benötigt keinen festen Wohnsitz.
Wie bekommt man die estnische Staatsbürgerschaft?
Die estnische Staatsbürgerschaft zu erlangen, ist auf verschiedenen Wegen möglich:
- von Geburt an: Estnischer Staatsbürger ist man automatisch, wenn man entweder selbst in Estland geboren wurde oder ein Elternteil estnischer Staatsangehöriger ist.
- durch Einbürgerung: Werden die im Staatsbürgerschaftsgesetz festgelegten Voraussetzungen von einer Person erfüllt, kann diese durch Einbürgerung estnischer Staatsbürger werden. Es ist dann wichtig, dass man als Antragsteller/in mindestens acht Jahre lang in Estland lebte, die estnische Sprache beherrscht und mit der estnischen Verfassung vertraut ist.
- durch Abstieg: Sind die eigenen Eltern keine Staatsbürger von Estland, aber ein Großelternteil schon, ist man als Kind ebenfalls automatisch estnischer Staatsbürger.
Möchte man die estnische Staatsbürgerschaft beantragen, werden dazu ein paar Dinge verlangt:
- Überprüfung des eigenen Berechtigungsstatus und der Qualifizierung für eine Bewerbung
- Alter von mindestens 18 Jahren
- rechtmäßiger Wohnsitz in Estland seit mindestens 8 Jahren
- Ausfüllen eines Bewerbungsformulars, welches mit erforderlichen Unterlagen eingereicht werden muss
Bei diesen Unterlagen handelt es sich um den Identitäts- und Wohnsitznachweis in Estland sowie den Nachweis der Beherrschung der estnischen Sprache.
Fazit
Sowohl das digitale Nomadentum als auch die Arbeit als Freelancer werden zunehmend beliebter. Aus diesem Grund suchen vor allem junge Menschen nach Möglichkeiten, um ihr Leben auf diese Art und Weise zu gestalten. Beim Thema Digitalisierung hat das Land Estland die Nase vorn.
Dort kann man dank E-Residency unkompliziert zum digitalen Einwohner werden und ein Unternehmen gründen, ohne vor Ort sein zu müssen. Auch nach der Gründung geht es remote weiter, sodass man von jedem beliebigen Wohnort aus arbeiten kann.
Gründer von Firmen profitieren in Estland auch von vergleichsweise geringen Steuern und niedrigen Kosten, die während der Gründung anfallen. Je nach Unternehmenstyp profitiert man dann von unterschiedlichen Vorteilen. Besonders wertvoll sind auch die Erfahrungen, die man mit einer Firma in Estland sammeln kann. Dadurch, dass Unternehmer nicht vor Ort sein müssen und stattdessen sämtliche Prozesse vom Laptop aus abwickeln können, genießen sie eine unvergleichliche Freiheit.
Bildquellen:
- Estland Firma gründen: Foto von Denis Shlenduhhov auf Unsplash