Es gibt kein Recht auf Selbstbeurlaubung. Sofern der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer beantragten Urlaub ablehnt, muss der Arbeitnehmer zur Durchsetzung seines vermeintlichen oder tatsächlichen Urlaubsanspruchs gerichtliche Hilfe – ggf. im Wege der einstweiligen Verfügung – in Anspruch nehmen. Der eigenmächtigste Urlaubsantritt sowie die eigenmächtigste Überschreitung eines genehmigten Urlaubs stellen deshalb grundsätzlich einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund dar.
Vor einer Kündigung ist regelmäßig eine erfolglose Abmahnung -definition-abmahnung-arbeitsrecht-_id46516.html“>Abmahnung erforderlich. Eine Abmahnung dürfte dann entbehrlich sein, wenn der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ausdrücklich abgelehnt hat.
Ausnahmsweise kann auch eine außerordentliche (fristlose) Kündigung gerechtfertigt sein (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9.2.1988, DB 1988, 1659 = BB 1988, 1531: eigenmächtige Verlängerung des Urlaubs um die Dauer einer in die Urlaubszeit fallenden Arbeitsunfähigkeit). Bei einer außerordentlichen Kündigung sollte der Arbeitgeber jedoch immer zugleich hilfsweise eine ordentliche Kündigung aussprechen.
Hat der Arbeitnehmer die Urlaubsüberschreitung nicht verschuldet (z.B. infolge einer plötzlichen Krankheit oder einer Naturkatastrophe), scheidet eine Kündigung wegen der Urlaubsüberschreitung aus. Erkrankt der Arbeitnehmer allerdings häufiger im Urlaub, kann eine personenbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen in Betracht kommen (Krankheit). Hat der Arbeitnehmer eine Krankheit lediglich vorgetäuscht und sich dadurch eine Urlaubsverlängerung erschlichen, ist eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt, ohne dass die strengen Voraussetzungen einer Kündigung wegen Krankheit vorliegen müssen (Ý Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit). Eine Kündigung ist in diesem Fall allerdings praktisch schwierig, weil der Arbeitgeber nachweisen muss, dass die Krankheit lediglich vorgetäuscht war.
Ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20.1.1994, NZA 1994, 548 = DB 1994, 1042) auch bei einem eigenmächtigen Urlaubsantritt des Arbeitnehmers im Einzelfall eine (fristlose) Kündigung unwirksam sein. Dann nämlich, wenn gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung eines Urlaubsanspruchs nicht rechtzeitig zu erlangen war (z.B. wenn der Arbeitnehmer seit längerer Zeit für den Arbeitgeber im Ausland tätig ist) und der Arbeitgeber u.a. aus eigenem finanziellen Interesse erhebliche Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers hat auflaufen lassen und ein Verfall der Urlaubsansprüche droht.
Besonderheiten gelten hinsichtlich des eigenmächtigen Antritts von Erziehungsurlaub: Sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Erziehungsurlaub erfüllt (§ 15 BErzGG) und hat der Arbeitnehmer eine ordnungsgemäße Erklärung abgegeben, dass er Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt (§ 16 BErzGG), so kann er ohne Einverständniserklärung des Arbeitgebers den Erziehungsurlaub antreten und der Arbeit fernbleiben (BAG, Urteil vom 17.10.1990, AP Nr. 4 zu § 15 BErzGG).
Literatur: Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, § 20 Rdnr. 31; Besgen/Jüngst, Rdnr. 1090 ff; Hueck/v.Hoyningen-Huene, KSchG, § 1 Rdnr. 333 f; KR-Etzel, KSchG, § 1 Rdnr. 462 ff; Schaub, § 130 II 41; Sowka/Schiefer, Teil H, KSchG, § 1 Rdnr. 371 ff; Preis/Stahlhacke/Vossen, Rdnr. 574 ff;
Eigenmächtiger Urlaubsantritt
VSRW-Verlag