Dabei werden Daten per Funkchip von der EC-Karte übertragen, ohne dass Kunden ihre EC-Karte noch aus der Hand geben müssen. Erste Tests dieses Bezahlverfahrens laufen ab Ende 2014 in einer großen Metropolregion Deutschlands. Dann muss nicht einmal mehr Guthaben aufgeladen werden, um kontaktlos zu bezahlen. Wie die neue Technik im Einzelnen funktioniert, wo sie Anwendung finden könnte und worin der Mehrwert für den Nutzer liegen soll, erläutern wir näher.
Bezahlen im Vorbeigehen
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) kündigte im März 2013 an, dass die Deutsche Kreditwirtschaft die bargeldlosen Bezahlmöglichkeiten ausbauen möchte. Nach ersten Tests mit dem Verfahren, bei dem Benutzer allerdings noch Guthaben aufladen mussten, soll nun der nächste Schritt getestet werden. Auf diese Weise können Kunden dann auch große Geldbeträge auf die Schnelle bezahlen. Der Verband spricht von „Bezahlen im Vorbeigehen“ – ohne Aufladen, ohne PIN-Eingabe, ohne Berührung.
Die Idee ist nicht ganz neu, denn schon seit Langem kann kontaktlos um Beispiel in Kaninen oder Mensen von Universitäten bezahlt werden. Auch in Fußballstadien der Vereine Bayer Leverkusen und Mainz 05 wird das Verfahren verwendet. Allerdings benötigt man hier spezielle Karten der Universität oder des Vereins, die mit einem Guthaben aufgeladen werden müssen.
Erfahrungen von „Girogo“ werden genutzt
Die neue kontaktlose Girocard baut auf einer Technik auf, die bereits bei „Girogo“ getestet werden konnte. Diese wurde erstmals im April 2012 in der Region Hannover, Wolfsburg und Braunschweig ausgetestet. Dort konnten Kunden im Supermarkt, an Tankstellen und anderen Läden schon Beträge bis 20 Euro kontaktlos bezahlen – einfach die EC-Karte vor ein Lesegerät halten. Die Eingabe der PIN war nicht nötig. Hier musste sich auf der Karte allerdings ein Guthaben in der gewünschten Höhe befinden. Es konnten Beträge bis 200 Euro aufgeladen werden. Innerhalb knapp eines Jahres wurde Girogo in 430 Filialen und 74 Unternehmen des Einzelhandels implementiert. In der Testregion erhielten 1,3 Millionen Kunden Karten mit Funkchip. Die Erfahrungen, die mit Girogo gesammelt werden konnten, fließen nun in das neue kontaktlose Verfahren ohne Aufladen ein.
Was ist am neuen Verfahren anders?
Das Neue an der nun von den Sparkassen ins Auge genommenen Methode ist die Tatsache, dass kein Geld (zur Geld Definition) mehr aufgeladen werden muss, was das Verfahren für Kunden bequemer und einfacher macht. Zudem kann das Verfahren auch für größere Beträge genutzt werden. Allerdings wird ab einem bestimmten Warenwert wieder die Eingabe der PIN verlangt. Dieser wird wohl bei 25 Euro liegen.
Und so funktioniert das Bezahlen im Vorbeigehen
Kontaktloses Bezahlen kann mit allen Karten durchgeführt werden, die über einen geeigneten Funkchip verfügen. Momentan sind das Girogo, Paypass und Paywave sowie das Touch&Travel der Deutschen Bahn. Seit August 2012 sind auch alle neuen EC-Karten des Sparkassenverbands und der Genossenschaften mit Chips ausgestattet, die dafür geeignet sind. Auch MasterCard und Visa, sowie andere Kreditkartenorganisationen setzen zunehmend auf die Technik und statten ihre Karten mit Chips dieser Art aus.
Der Chip im Inneren arbeitet mit der sogenannten „Near Field Communication“-Technik, kurz NFC. Diese Nahfeldkommunikation erlaubt es, kontaktlos per Funk über sehr kurze Entfernungen Daten auszutauschen. Bei einer Übertragungsrate von 424 kBit/s können damit Entfernungen von maximal vier Zentimetern überbrückt werden. Verbraucher halten die Karte mit dem Chip einfach vor ein Terminal an der Kasse und das Geld kann abgebucht werden.
Sind Abbuchungen nachvollziehbar und überprüfbar?
Wer so bezahlt, will irgendwann auch einmal wissen, wo er wann wie viel ausgegeben hat. Sei es aus persönlichem Interesse um die eigenen Kosten in Schach zu halten oder weil bestimmte Beträge für Ämter wichtig sind. Momentan können z. B. bei Girogo nur mithilfe einer App auf dem Smartphone oder am Terminal im Geschäft die letzten 15 Buchungen ausgelesen werden. Diese werden auf der Karte selbst gespeichert. Bei Paypass und Paywave dagegen werden die Buchungen direkt im Kontoauszug aufgeführt.
Ob Buchungen also nachvollziehbar und überprüfbar sind, wird auch in Zukunft vom Anbieter abhängig sein. Dieser entscheidet auf welche Weise und in welchem Ausmaß Buchungen für Verbraucher einsehbar sind.
Ist das Verfahren sicher?
Werden Daten über Funk übertragen, dann kommt natürlich auch die Frage auf, ob dies sicher ist. Auch die schnurlose Datenübertragung im Internet ist nicht empfohlen, wenn es um sensible Daten geht und Internetbanking betreibt man am besten per Kabel und nicht über W-LAN.
Die Sparkassen geben an, dass beim kontaktlosen Bezahlvorgang lediglich Daten übertragen werden, die für die Zahlung auch relevant sind, also z. B. der Preis und die Kartennummer. Es würden keine Daten wie Namen oder Ähnliches an den Verkäufer gehen. Bei Visa gibt man an, dass die kontaktlose Bezahlung sogar besonders sicher sei. Dies, weil kein Magnetstreifen mehr im Spiel ist, mit dem an manipulierten Geldautomaten Kartendaten ausgelesen werden könnten. Bei Mastercard sieht man die Sicherheit darin bedingt, dass der Chip mindestens nur über eine Entfernung von vier Zentimetern ausgelesen werden kann.
Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Funkübertragungen generell nicht vor Attacken Dritter geschützt werden können und prinzipiell ausspähbar bleiben. Auch die kurze Entfernung von nur vier Zentimetern könnte nicht hundertprozentig vor Betrügern schützen, die ähnlich Taschendieben durchaus Möglichkeiten finden könnten nah genug an die Karte zu kommen.
Inwieweit bei Verlust der Karte und der Bezahlung damit durch Dritte ein Versicherungsschutz für den Verbraucher gewährleistet ist, ist zurzeit auch noch nicht bekannt. Zumindest das Bezahlen größerer Beträge durch unbefugte Dritte ist dadurch ausgeschlossen, dass zusätzlich der PIN dafür eingegeben werden muss.
Zukunftsperspektiven des kontaktlosen Bezahlens
Für den Verbraucher liegt der Mehrwert der neuen kontaktlosen Bezahlmethode eindeutig in der Zeitersparnis. Aber auch für Händler und Anbieter ist dies ein Faktor, ganz besonders an Stellen, an denen oft sehr viele Menschen hintereinander bezahlen möchten. Etwa bei Sportveranstaltungen, Konzerten oder anderen Großveranstaltungen. Neben der Nutzung der Technik in EC-Karten und Kreditkarten sind zudem viele andere Anwendungsfelder denkbar. Neben bargeldloser Bezahlung könnten damit schnell und ohne Aufladen Beförderungsleistungen von Bahnen, Nahverkehr und öffentlichen Verkehrsmitteln gezahlt werden.
Genauso denkbar sind Onlinebanking, Zugangskontrollen, der Einbau in Smartphones zum Bezahlen (z. B. papierlose Eintrittskarten), zur Bezahlung von Online-Streaming oder Downloads und vieles mehr. Bei aller Ideenvielfalt muss aber zunächst abgewartet werden, wie die Technik sich im Realeinsatz bewährt. Bereits früher waren Prophezeiungen über die Ausbreitung der NFC-Technik etwas voreilig.
Christian Weis