Sie versprechen sich damit Fortschritte im Jugendschutz und der Gesundheitsvorsorge sowie eine Entlastung des Justizapparats. Die Eindämmung des Schwarzmarktes ist ein weiteres Ziel. Außerdem wird mit staatlichen Mehreinnahmen in Milliardenhöhe gerechnet. Anleger hoffen auf einen Aktienboom.
Die aktuelle Rechtslage
Der Konsum von Cannabis ist in Deutschland nicht unter Strafe gestellt. Alle Handlungen wie Anbau, Herstellung und der Vertrieb, die den Konsum erst ermöglichen, fallen jedoch unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Damit ist der Freizeitkonsum von Cannabis im Gegensatz zur medizinischen Anwendung de facto verboten.
Bei Hanfsamen, wie sie Anbieter wie zamnesia.com europaweit vertreiben, ist die Sachlage etwas diffiziler. Innerhalb der EU (Europäische Union) ist nur in Deutschland der Handel mit Hanfsamen verboten. Alle anderen Länder erlauben den grenzüberschreitenden Vertrieb. Dabei überlappen sich EU-Recht und die nationale Gesetzgebung. Das deutsche Verbot für Hanfsamen steht im Gegensatz zum europäischen Recht des freien Warenverkehrs innerhalb der Staatengemeinschaft.
Wirtschaftliche Vorteile durch die Legalisierung
Deutschlands Staatskassen könnten laut einer Studie* von Justus Haucap, Ökonomieprofessor und Wettbewerbsökonom an der Universität Düsseldorf, in mehrerer Hinsicht von der anstehenden Legalisierung profitieren. Vor allem drei Bereiche sind es, in denen Mehreinnahmen generiert und Kosten eingespart werden könnten:
- vermehrte Steuereinnahmen
- Entstehung eines ganz neuen Wirtschaftszweiges mit tausenden sozialabgabenpflichtigen Arbeitsplätzen
- entfallende Repressionskosten durch eine Entlastung der Polizei und Justiz
In der Summe werden die zusätzlichen Einnahmequellen in Verbindung mit den Einspareffekten auf etwa 5 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Grüne, SPD und Liberale wollen einen großen Teil der zusätzlichen Einnahmen für Beratung, Prävention und die Behandlung von Süchtigen zur Verfügung stellen.
Erhöhtes Steueraufkommen
Im Falle einer Legalisierung schlägt eine Cannabissteuer, die dann eingeführt werden wird, signifikant zu Buche. Diese fällt nach den konservativen Schätzungen Haucaps und dessen Team mit knapp 3 Milliarden Euro jährlich ins Gewicht.
Dabei gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der legale Einkaufspreis etwas über dem Schwarzmarktpreis angesiedelt werden sollte. Erfahrungen aus den USA zeigen, dass die Verbraucher gewillt sind, etwas mehr zu zahlen, wenn sie dafür kontrollierte Ware aus einer garantierten Quelle einkaufen können.
Schaffung eines neuen Wirtschaftszweiges
Weitere Einnahmequellen würden durch das Entstehen eines ganz neuen Wirtschaftszweiges entstehen. Die Gewinne, die bisher dem Schwarzmarkt und der Schattenwirtschaft zufielen, könnten künftig von legalen Betrieben mit offiziell beschäftigten Mitarbeitern erwirtschaftet werden, wodurch mit weiteren Steuereinnahmen gerechnet wird. So könnten auf diese Weise etwa 20.000 neue Vollzeitarbeitsplätze entstehen.
Wegfall von Repressionskosten
Laut des Rauschgiftberichtes des BKA (Bundeskriminalamt) brachten Polizistinnen und Polizisten im Jahre 2020 mehr als 200.000 Cannabisvergehen zur Anzeige. Die große Mehrheit von 85 % waren dabei Bagatelldelikte, die nicht mit dem Schmuggel oder Handel von Cannabis in Verbindung stehen.
Bei einer Legalisierung nach den Vorgaben des Koalitionsvertrags könnten diese konsumnahen Vergehen von der Strafverfolgung ausgenommen werden. Die damit verbundene Entlastung des Polizei- und Justizapparats würde die öffentlichen Kassen um mehr als eine Milliarde Euro jährlich entlasten.
Aktien von Cannabisfirmen
Die Erwartung einer baldigen Legalisierung ließ Ende 2021 die Aktien einer ganzen Reihe von Firmen, die im Cannabisgeschäft tätig sind, in die Höhe schnellen. In der Realität überlagerten in den letzten Monaten jedoch die Auswirkungen der Pandemie und vor allem der Ukraine-Feldzug Russlands mit seinen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen die Szenerie. Die neu formierte Regierung musste daher das Anliegen der Legalisierung von Cannabis in die Warteschleife stellen, sodass viele Cannabisaktien im Frühjahr 2022 Federn lassen mussten.
Erst zum Sommer dieses Jahres hin wurden unter der Ägide von Gesundheitsminister Karl Lauterbach weitere Sondierungsgespräche gestartet. Eine Gesetzesvorlage soll bis Jahresende vorliegen. Dann gehen Analysten davon aus, dass sowohl die kanadischen Marktführer Tilray und Canopy Growth sowie die deutsche Synbiotic von dem riesigen Potenzial, welches ein liberalisierter Cannabismarkt freisetzen würde, profitieren werden.
Quelle *
Haucap, Justus und Leo Knoke: Fiskalische Auswirkungen einer Cannabislegalisierung in Deutschland, Düsseldorf; 2018; Update Dezember 2021
Bildquellen:
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