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Karriere

Klassenkampf war gestern: Change Management scheitert oft in der Chefetage, Macht richtig einsetzen

Veränderungsprozesse gehören zum Unternehmensalltag. Ja, idealerweise sind sie eine Daueraufgabe des Managements. Entgegen gängigen Vorstellungen scheitern Veränderungsprojekte nicht an Mitarbeitern oder Fachkonzepten sondern an Konflikten auf der Führungsebene. „Es geht beim Change nicht nur um Strategien, Strukturen oder die so wichtige Mobilisierung der Belegschaft – es geht um Macht. Und solange die Führungskräfte nicht lernen, mit dieser Macht umzugehen, werden viele Veränderungsprozesse fehlschlagen“, bringt Stephan Penning, Experte für Change Management eine alternative Sichtweise ein.

Horizontale vs. vertikale Konflikte

Traditionell betrachtete man Veränderungsprozesse als eine Herausforderung entlang der vertikalen Achse eines Unternehmens – also zwischen Führungsebene und Mitarbeitern. Das Change Management konzentrierte sich darauf, die Belegschaft zu mobilisieren, Widerstände abzubauen und Akzeptanz für die Veränderung zu schaffen. Penning erklärt, dass diese Perspektive längst überholt ist: „Klassenkampf war gestern. Die meisten Konflikte in Veränderungsprozessen entstehen heute horizontal, also zwischen den Führungskräften selbst.“ Das Fatale: Bei dieser Gruppe kommt zweierlei zusammen. Denn viele Change-Projekte – etwa Fusionen, Neuausrichtungen, Sparkurse oder Restrukturierungen – bringen einen Arbeitsplatzabbau mit sich, gerade auch im (mittleren) Management. Zum anderen sind es gerade sie, die den Change organisieren und weitertragen müssen.

Diese horizontale Dynamik bedeutet, dass Führungskräfte untereinander um Einfluss, Ressourcen und Machtpositionen ringen. Ein Machtkampf, der den gesamten Prozess lähmen kann. „Viele Führungskräfte sehen im Wandel eine Bedrohung für ihre Position und ihren Einfluss. Gewinner und Verlierer liegen in Veränderungsprozessen dicht beieinander“, erklärt Penning. „Das führt dazu, dass sie sich gegenseitig blockieren, anstatt den Wandel voranzutreiben.“

Macht als Schlüssel zum Erfolg

Der Begriff „Macht“ hat im Unternehmenskontext oft ein negatives Image, was Penning für einen der größten Fehler in der heutigen Change Management-Praxis hält. Schließlich könne Macht auch produktiv sein: „Wer Veränderungen erfolgreich umsetzen will, muss Macht nicht nur akzeptieren, sondern gezielt nutzen.“ Er erklärt, dass Veränderungsprozesse unweigerlich zu Machtverschiebungen führen: Einige Führungskräfte verlieren an Einfluss, während andere gestärkt aus dem Wandel hervorgehen. Anstatt diese Dynamik zu verdrängen oder zu vermeiden, sollten Unternehmen lernen, damit umzugehen.

„Machtkonflikte sind unvermeidlich, aber sie sind nicht zwangsläufig destruktiv. Wenn sie richtig gemanagt werden, können sie den Wandel sogar beschleunigen“, betont Penning. „Das Problem entsteht, wenn Konflikte ignoriert oder ausgesessen werden – dann wird der Wandel blockiert.“

Konflikte – notwendiger Teil des Wandels

Penning plädiert dafür, die Konflikte als Hindernis natürlichen Bestandteil jedes Veränderungsprozesses zu betrachten. „Konflikte entstehen dort, wo verschiedene Interessen und Weltbilder aufeinanderprallen – und das passiert in jedem Veränderungsprojekt. Es ist eine Binsenweisheit der Branche“, erklärt er. Besonders in der Führungsebene, wo individuelle Karriereziele und persönliche Machtansprüche oft dominieren, kommt es zu intensiven Auseinandersetzungen. „Die Führungskräfte kämpfen schließlich nicht nur um die Durchsetzung ihrer Strategien, sondern auch um ihre Positionen im Unternehmen.“

Penning betont, dass es ohne Konflikte keinen Fortschritt gibt: „Denn Veränderung bedeutet, dass alte Strukturen und Gewohnheiten aufgebrochen werden – das kann nicht ohne Reibung geschehen.“

Die Rolle der Führungskräfte: Vom Blockierer zum Treiber des Wandels

Ein weiterer zentraler Fehler, den Penning immer wieder beobachtet, ist die passive Rolle, die viele Führungskräfte in Veränderungsprozessen einnehmen. „Stattdessen müssen Führungskräfte ihre Macht nutzen, um Klarheit zu schaffen und Entscheidungen durchzusetzen.“ Er betont, dass dies nicht bedeutet, autoritär zu handeln, sondern funktional: „Es geht darum, die Verantwortung zu übernehmen und den Mut zu haben, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.“

Ein anderes häufiges Problem in Veränderungsprozessen ist, dass Führungskräfte versuchen, erst alle Beteiligten zu überzeugen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Das führt jedoch oft zu endlosen Diskussionen und Verzögerungen. „Wandel erfordert Entschlossenheit“, so Penning. „Führungskräfte müssen lernen, Entscheidungen auch dann zu treffen, wenn nicht alle damit einverstanden sind.“

Externe Unterstützung: der neutrale Blick von außen

Um all diese Prozesse – und erst Recht die Konflikte – besser zu verstehen, zu moderieren und zu managen, sind laut Penning externe Berater unerlässlich. „Experten bringen eine Unabhängigkeit mit, die intern oft fehlt“, erklärt er. „Sie sind nicht in die gewachsenen Machtstrukturen und Loyalitäten verstrickt und können daher neutral agieren.“ Zudem haben sie den Vorteil, dass sie aus einer Außenperspektive auf die Dynamiken im Unternehmen blicken können und Konflikte frühzeitig erkennen.

Der Einsatz von externen Change-Beratern sollte jedoch gezielt und nur temporär erfolgen. „Es geht nicht darum, die Verantwortung an Berater abzugeben“, betont Penning. „Die Führungskräfte müssen weiterhin die Kontrolle über den Prozess behalten. Externe Berater sind nur dafür da, um den Weg zu ebnen und blockierende Machtkämpfe aufzulösen.“

Fazit: Macht als Wegbereiter des Wandels

Damit Veränderungsprozesse in Zukunft erfolgreicher verlaufen, fordert Penning ein grundlegendes Umdenken in Bezug auf Macht und Führung. „Macht darf nicht länger als etwas Negatives angesehen werden“, sagt er. „Wir müssen Macht als eine produktive Kraft verstehen, die notwendig ist, um Wandel zu gestalten.“ Dazu gehört auch, dass Führungskräfte lernen, Konflikte nicht zu vermeiden, sondern aktiv zu managen. Penning sieht hier eine besondere Verantwortung bei der obersten Führungsebene. Gleichzeitig betont er, dass Macht nicht als Selbstzweck verstanden werden darf: „Macht muss immer im Dienst der Veränderung stehen, nicht im Dienst des eigenen Egos und der Karriere.“

Der Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung von Veränderungsprozessen liegt in der Klarheit und Entschlossenheit der Führungskräfte: „Sie müssen lernen, dass es keine Neutralität in Veränderungsprozessen gibt. Sie müssen Entscheidungen treffen, auch wenn diese unpopulär sind, und Konflikte aktiv lösen.“ Wenn Führungskräfte diese Verantwortung übernehmen, kann Macht zu einem mächtigen Instrument werden, damit der Wandel gelingt. Eine maßgebliche Fähigkeit dabei ist Durchsetzungsvermögen. „Und Macht ist die elementarste Form der Durchsetzungsfähigkeit“, so Penning abschließend.

Bildquellen:

  • Stephan Penning: Mit freundlicher Genehmigung

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