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Die Esoterikbranche in Deutschland boomt. Bereits im Jahr 2011 betrug der Umsatz, der hierzulande mit Esoterik gemacht wurde, rund 25 Milliarden Euro. Man muss davon ausgehen, dass er seitdem stark gestiegen ist; der Heidelberger Publizist und Trendforscher Eike Wenzel schätzte in einem Artikel der Welt von 2011 sogar, er würde bis 2021 rund 35 Milliarden Euro betragen.
Mehr als zehn Prozent der befragten Deutschen ordneten sich bei einer Umfrage auf einer Skala als Antwort auf die Frage „Wie spirituell sind Sie?“ zwischen 8 und 10 Punkten ein (wobei 1 für „nicht spirituell“ und 10 für „spirituell“ steht).
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie der Universität Hohenheim, die zehn bis 15 Prozent der Deutschen zur Gruppe der „spirituellen Sinnsucher“ rechnet. Damit werden Menschen bezeichnet, die esoterischen Praktiken offen gegenüberstehen und für die etablierte Religionen nicht infrage kommen. Dabei sind Frauen mit rund 20 Prozent häufiger spirituell veranlagt als Männer.
Professionalisierte Sparte
Dass sich die Branche längst professionalisiert hat und das Klischee von der Wahrsagerin mit Kristallkugel, die neben ihrer schwarzen Katze im Kirmeszelt auf Kunden wartet, keineswegs zutrifft, zeigt sich zum Beispiel an dem FAZ-Bericht über Sira Wagner. Kaum etwas in der hellen Wohnung der Wahrsagerin lässt auf ihren Beruf schließen, und auch ihre Kleidung ist modisch. Die Wartezeit auf ihrer Kundenliste beträgt mehrere Wochen, und sie ist keineswegs darauf angewiesen, alle Aufträge sofort anzunehmen. Darüber hinaus ist sie als Unternehmensberaterin und Autorin tätig: Sie selbst beschreibt ihre Tätigkeit so: „Ich gebe nur Denkanstöße und keine Handlungsanweisungen.“
Ähnlich beschreibt das Online-Portal Questico seine Dienstleistungen: „Spirituelle Lebensberatung“ durch Methoden wie Hellsehen, Wahrsagen, Kartenlegen und Horoskope wird dort angeboten, in den Bereichen „Liebe und Partnerschaft“, „Familie und Kinder“, „Beruf und Finanzen“ und „Selbstfindung“.
Es geht also nicht darum, Kunden konkrete zukünftige Entwicklungen vorherzusagen oder ihnen bestimmte Verhaltensweisen vorzuschreiben. Stattdessen sollen ihnen durch eine einfühlsame und empathische Beratung in Verbindung mit Hilfsmitteln wie Tarotkarten mögliche Wege aufgezeigt werden, Denkmuster aufzubrechen, und „Mut zur Selbsthilfe“ gegeben werden. Ratsuchenden sollen sich, ihr Verhalten und ihre Lebenssituation reflektieren und Chancen aufgezeigt bekommen.
Das geschieht ganz im Einklang mit der Bedeutung des Begriffs „Esoterik“. Der aus dem Griechischen kommende Begriff bezeichnet nämlich bestimmte Lehren, die nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sind – eben den Beratern, die laut eigener Aussage Verbindung zur spirituellen Welt haben. Ferner meint der Begriff ein inneres Wissen, das sich öffentlicher Kontrolle entzieht. Auch das ist gegeben, da die Hellseher und Wahrsager ihre Beratung auf intuitives Wissen stützen und nicht etwa in Lehrbüchern nachschlagen.