Einen besseren Indikator für die Stimmungslage unter privaten Anleger:innen gibt es wohl kaum. „Is my money safe?“ und „Why banks fail“ sind derzeit die häufigsten Suchanfragen bei Google unter US-Amerikaner:innen. Die jüngsten Ereignisse mit der Pleite der Silicon Valley Bank und dem faktischen Konkurs und der anschließenden Übernahme der Credit Suisse durch den Schweizer Konkurrenten UBS wecken bei vielen düstere Erinnerungen an die Bankenkrise, die 2007 ihren Anfang nahm und die Börsen und die Weltwirtschaft in ein tiefes Tal riss. Fast täglich verteuern sich d Credit Default Swaps, mit denen sich Banken gegen solche Risiken von Kreditausfällen absichern.
Kann das Finanzsystem die Krisen wirklich wegstecken?
Die Politik ist derzeit, zumindest öffentlich, noch nicht im Panik-Modus. „Wir befinden uns heute nicht in einer systemischen Finanzkrise“, beruhigt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Und schiebt dann leicht relativierend hinterher: „Ich gehe davon aus, dass das Finanzsystem das wegstecken kann.“ Ein glasklares Dementi sieht anders aus. Das kann Habeck auch nicht geben. Zu unklar sind die Folgen, die sich aus den Schockwellen aus Kalifornien und der Schweiz noch ergeben könnten. Die Ansteckungsgefahr für andere Banken und in der Folge für kreditfinanzierte Unternehmen der Realwirtschaft sowie für die Aktien- und Anleihemärkte ist damit keineswegs gebannt.
Inflation bleibt der Eurozone erhalten
Hinzu kommt eine anhaltend hohe Inflation. Zwar sind die Preissteigerungsraten im Euroraum Anfang 2023 wieder leicht zurückgegangen und nicht mehr fast zweistellig wie noch 2022, was vor allem auf den milden Winter und die gesunkenen Gas- und Ölpreise zurückzuführen ist. Aber die Lebenshaltungskosten, die steigenden Mieten und die massiv gestiegenen Reisepreise halten die Inflation auf einem hohen Niveau. Die Notenbanken steuern dagegen – doch weitere Zinserhöhungen werden vor dem Hintergrund der Bankenkrise immer schwieriger.
Gold-Kurs durchbrach psychologisch wichtige Marke
Braut sich da ein neuer „perfekter Sturm“ für die Märkte zusammen? Manches spricht dafür. Bester Krisenindikator – neben den erwähnten Suchanfragen bei Google – ist seit jeher der Gold-Kurs. Dieser schnellte kurz nach Bekanntwerden der Schieflage bei der Credit Suisse wieder über die psychologisch so wichtige Marke von 2.000 US-Dollar. In Zeiten großer wirtschaftlicher Unsicherheit ist Gold einer der wenigen sicheren Häfen. Je mehr Anleger:innen dann Ziel auf diesen Hafen nehmen und Gold-ETFs, Krügerrand-Münzen oder Barren kaufen, desto höher steigt der Preis. Mit anderen Worten: Die Nachfrage nach Gold treibt den Preis noch mehr nach oben. Denn anders als etwa beim Bargeld, das durch ein Anwerfen der Notenbankpressen beliebig vermehrt werden kann, ist das Angebot an Gold faktisch nicht möglich. Neues Edelmetall kann eben nicht so einfach aus dem Boden gewonnen werden. Das Angebot ist daher mengenmäßig begrenzt – und dadurch extrem wertstabil.
Gold-Experte sagt einen „wahren Höhenflug“ voraus
Ronny Wagner, Finanzcoach und Gold-Experte ist „bullish“ mit Blick auf die weitere Entwicklung des Edelmetalls: „Ich bin davon überzeugt, dass 2023 ein nachhaltiger Ausbruch über die Marke von 2.000 US-Dollar gelingen wird. Meine Erwartung ist, dass sich die Volkswirtschaft verschlechtern wird und Gold dadurch einen wahren Höhenflug erleben wird. Das wird dann auch der Zeitpunkt sein, an welchem die Notenbanken ihren Zinserhöhungszyklus zu den Akten legen werden. Hinzu kommt, dass der Ukraine-Russland-Konflikt keinesfalls gelöst ist. Hier kann es durchaus zu einer weiteren Eskalation kommen. Gold wird dann seine Stärke als krisen- und inflationssicheres Anlagegut beweisen.“
Sinkende Zinsen als weiterer Kursturbo
Die anhaltend hohe Inflation ist ein weiteres Argument für Gold. Klassische Festzinspapiere verlieren bei hoher Inflation beständig an Wert. Nicht so beim Gold, meint Experte Wagner. Und er sieht einen weiteren Trend an den Märkten, der Gold stützt: ein niedrigeres Zinsniveau. Denn gerade vor dem Hintergrund der Bankenkrise wären weitere Zinsschritte nach oben Gift für die Finanzinstitute. Wagner: „Ein niedrigeres Zinsniveau senkt auch die Attraktivität festverzinslicher Wertpapiere wie Anleihen, die Investoren als Konkurrenz zu Gold betrachten. Nimmt die US-Notenbank Fed bei der Zinspolitik Tempo raus, so verliert auch der Dollar an Attraktivität – der Wechselkurs sinkt. Die US-Währung gilt als besonders wichtige Einflussgröße auf den Goldpreis, denn das Edelmetall wird in der Regel in US-Dollar gehandelt. Für Anleger außerhalb des Dollar-Raums wird Gold also günstiger, wenn der Dollar günstiger wird – was wiederum die Nachfrage nach Gold treibt. Ein Dollarrückgang führt daher nicht selten zu Steigerungen beim Goldpreis.“
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