Der Rucksack steht auf dem Boden, das Smartphone liegt in der rechten Hand, zwischendurch wird geschmunzelt, die Stirn gerunzelt und manchmal auch gelacht – der Grund dafür: Jodel. Die App ist bei deutschen Studenten äußerst beliebt. Unzählige User sammeln dort Karma und teilen Ihre Erlebnisse mit anderen Kommilitonen aus ihrer Stadt.
Zwischendurch mal das Smartphone checken
Jonas (22) ist gerade auf dem Weg zu seiner Uni und schaut sich in der Straßenbahn die neuesten Jodel an und schwärmt von der App: „Ich finde Jodel super, weil es anonym ist. Du kannst eigentlich alles schreiben, du kannst alles nachfragen und brauchst dich nicht zurückzuhalten. Und dadurch, dass es so regional auf 10km begrenzt, hast du auch aktuelle Informationen. Zum Beispiel: Wie ist das Wetter? Was kannst Du anziehen? Was ist heute noch so in der Stadt los? Oder fällt vielleicht sogar deine Vorlesung aus?“, scherzt der Student aus Köln.
Frei von Hetze, Rassismus und Co.
Im Vergleich zu vielen anderen Netzwerken, hat die App „Jodel“ mit Fremdenfeindlichkeit oder Hass keine Probleme. „Dadurch, dass Du die Jodel der anderen Studenten bewerten kannst, hast Du trotz der ganzen Anonymität keine Probleme mit Hasskommentaren, Rassismus oder sonstigen Äußerungen, die sich nicht gehören. Diese werden von der Community gnadenlos „downgevotet“ und verschwinden schnell wieder von der Plattform.“
App mit eigener Sprachkultur
Dadurch, dass sich die Studenten anonym bei Jodel bleiben können, finden sich die unterschiedlichsten Themen innerhalb der App wieder. Viele sind auf der Suche nach der großen Liebe , anderen suchen verzweifelt ein Geburtstagsgeschenk für die Freundin und suchen Hilfe bei der „Jodlerfamilie“. Aber auch Themen, die sich um Sex, Bier, Netflix, Vorlesungen, Partys und Co. drehen, bekommen großen Zuspruch der Community. Teilweise entwickelt sich sogar eine eigene Sprache innerhalb der Community. So wird gerne und häufig vom „Lörres reinhämmern“ gesprochen oder auch von der „Lörrelina“.
Flachwitze und geniale Situationskomik
Besonders lustig wird es meist, wenn man in die aktuellen Toplisten der App blickt. Dort findet man die Jodel, die momentan am besten gevotet wurden. Auf den vorderen Plätzen findet man meist sehr lustige Witze oder Erlebnisse aus dem Alltag, die sehr lustig sein können. Wem ein guter Jodel eingefallen ist, probiert ihn auch manchmal sogar in mehreren Städten aus – „so kann man auch sehen, wie die Leute in den anderen Städten so drauf sind“, erklärt Lea (23) aus Bonn. „Es gibt von Stadt zur Stadt durchaus große Unterschiede zwischen den Themen und auch zwischen dem Niveau der Posts. Aber ich entdecke immer wieder witzige neue Sprüche, die ich noch nicht kannte.“
Und das Internet kann doch vergessen
Eine Sache, die sowohl Lea, als auch Jonas sehr an der App für Studenten schätzen, ist nicht nur die Tatsache, dass die App anonym ist, sondern auch, dass sie scheinbar auch „vergessen“ kann. „Ich könnte mir vorstellen, da Jodel von Zeit zu Zeit plötzlich verschwinden und nicht mehr länger angezeigt werden, hast du immer wieder Drang nachzuschauen, um aktuell zu bleiben. Du willst einfach nichts verpassen. Das ist glaube ich auch der Grund, warum auch Snapchat so erfolgreich ist. Da sind die Sachen dann einfach irgendwann weg. Man sagt ja immer, dass das Internet nichts vergessen könnte – es geht anscheinend auch ein wenig anders“, stellt Jonas fest.
Siegeszug der App durch ganz Europa
Deutschland ist längst nicht das einzige Land, wo Jodel bereits präsent ist. So jodelt man schon längst in der Schweiz, in Italien oder auch in Schweden. Die App Jodel wurde vom Berliner Jungunternehmer Alessio Borgmeyer entwickelt und hat sich seitdem massiv in der europäischen Welt der Apps etabliert.
Christian Esser