Zu Bargeld haben die Menschen im deutschsprachigen Raum schon länger ein zwiespältiges Verhältnis: Sie schätzen es als vertrautes, sicheres und schnelles Zahlungsmittel – nutzen aber Online-Systeme wie Paypal & Co. ebenso gern. Nun hat die COVID-19-Krise das Verhältnis offenbar in Richtung des digitalen Zahlens verschoben. Im Laden oder im Supermarkt nutzen derzeit 75 Prozent der Deutschen Bargeld, ein Rückgang um fünf Prozentpunkte verglichen mit 2019. Heute vermeidet weitestgehend jede vierte Person Bargeld beim Bezahlvorgang, während es in 2019 noch jede fünfte Person war, ergab eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der Management- und Technologieberatung BearingPoint.* Der Einsatz kontaktloser Debitkarten (Girocard) ist im Vergleich zum Vorjahr um deutliche 57 Prozent gestiegen: 2019 setzte ein Fünftel der Befragten die kontaktlose Girocard ein. In diesem Jahr nutzt sie bereits jeder Dritte.
Der Zusammenhang zur COVID-19-Krise scheint auf der Hand zu liegen, die Hygiene-Eigenschaft spielt wohl eine wichtige Rolle bei der Wahl des Zahlungsmittels. Fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) halten das kontaktlose Kartenzahlen für hygienisch sicher. Über Bargeld sagen das nur sechs Prozent. Ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium zur Wahl des Zahlungsmediums scheint die Schnelligkeit beim Bezahlvorgang zu sein. Mit 55 Prozent bewerten die Deutschen das kontaktlose Bezahlen als schnellste Zahlungsmethode, noch vor Bargeld mit 51 Prozent. Im Dreiländer-Vergleich stufen in Österreich 65 Prozent und in der Schweiz sogar 71 Prozent die Schnelligkeit als wichtigste Eigenschaft der kontaktlosen Kartenzahlung ein.
Vergleich: Österreicher nutzen mehr Debitkarte (Bankomatkarte), Schweizer sind Vorreiter im mobilen Bezahlen
Erstmals liefert die Umfrage auch Angaben für Österreich und die Schweiz. Die Österreicher sind im Dreiländer-Vergleich Spitzenreiter in der Bargeldnutzung (83 Prozent) vor Deutschland (75 Prozent) und der Schweiz (71 Prozent). Beim unbaren Bezahlen dominiert in Österreich die Bankomatkarte als häufig genutztes Zahlungsmittel mit 71 Prozent, während in Deutschland (40 Prozent) und Schweiz (46 Prozent) diese Werte nicht annähernd erreicht werden. Die Österreicher (47 Prozent) und Schweizer (44 Prozent) nutzen für Zahlvorgänge weniger häufig den Zahlungsdienstleister Paypal als in Deutschland (58 Prozent).
Im Dreiländer-Vergleich ist die Schweiz in der Nutzung einer mobilen Bezahllösung mit Abstand am fortschrittlichsten (TWINT: 27 Prozent). In Deutschland und Österreich liegt die Nutzungsrate von mobilen Bezahldiensten deutlich niedriger.
Technische Sicherheit, Verfügbarkeit und Vertrautheit könnten den Trend verfestigen
„Noch nie hat sich die Investition in digitale Zahlungssysteme so sehr gelohnt wie jetzt“, sagt Thomas Steiner, globaler Leiter Banking und Capital Markets bei BearingPoint. „Wir sehen deutlich, dass die Entscheidung für ein bestimmtes Bezahlsystem aktuell auf Basis von Vertrautheit und dem Bedürfnis nach Sicherheit getroffen wird. Das Sicherheitsgefühl in puncto Hygiene ist nun der Einstieg in bargeld- und kontaktloses Zahlen“, so Thomas Steiner weiter.
Christian Bruck, Partner und Experte für das Thema Zahlungsverkehr bei BearingPoint, fügt hinzu: „Es ist interessant zu sehen, dass obwohl das Bargeld in der Nutzung weiterhin absolute Spitzenwerte erreicht, sich ca. 1/3 der Bevölkerung in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Abkehr von Bargeld in den nächsten zehn Jahren gut vorstellen können. Das Erfolgsmodell Schweiz zeigt in Bezug auf mobile Bezahllösungen das noch ungenutzte Potential in Deutschland und Österreich. Die Zeit scheint reif zu sein für eine zukunftsweisende Standardisierungs-Initiative im digitalen Zahlungsverkehr in Europa.“
ots