Die Voraussetzung für diesen schönen Traum, das Schöne mit dem Notwendigen zu verbinden, kann häufig mit dem Zauberwort der ortsunabhängigen Dienstleistung begriffen werden. Alle Jobs, die keine physische Präsenz in einem Büro, einer Produktionsstätte oder beim Kunden erfordern, sind prinzipiell geeignet für das digitale Nomadentum.
Allerdings sind auch einige weitere Voraussetzungen zu erfüllen und genau zu prüfen, ob das ersonnene Geschäftsmodell auch wirklich dauerhaft tragfähig ist, damit der Traum vom Arbeiten an den schönsten und exotischsten Orten der Welt auch nachhaltig gelebt werden kann.
Was ist ein digitaler Nomade?
Ein digitaler Nomade arbeitet, wie der Name schon sagt, digital und auf Reisen beziehungsweise nicht an einem festen Ort. Möglich wurde diese Lebensform durch die Verlagerung immer größerer Teile des wirtschaftlichen Lebens und der Kommunikation in das Internet, welches bekanntlich keinen physischen Ort hat (die Frage, wo die Server stehen und wo der Nomade sich tatsächlich zur Arbeit aufhält, kann allerdings steuerliche Relevanz haben; siehe unten).
Der Digitalnomade versucht seine Arbeit dorthin zu verlagern, wo er auch gerne seine Freizeit verbringen würde. Digitale Nomaden sind daher an der Neudefinition der Work-Life-Balance an vorderster Front beteiligt. Wie lange sich ein digitaler Nomade dabei an einem bestimmten Ort aufhält und ob das Arbeiten oder das Reisen den Alltag überwiegend prägen, kann nicht pauschal gesagt werden.
Besonders geeignet fĂĽr ein Leben und Arbeiten in der Fremde sind bestimmte Berufe und Dienstleistungen, die digital erbracht werden. Das betrifft vor allem ITler aller Art, Webdesigner und Grafiker, aber auch zum Beispiel Autoren, Blogger sowie Arbeitnehmer im Bereich E-Commerce und digitalem Handel.
Dabei kann der digitale Nomade sowohl Freelancer, Selbstständiger als auch Angestellter sein, seinen festen Wohnsitz vollständig aufgeben oder nur einen Teil des Jahres reisen und regelmäßig zu einer festen Basis zurückkehren. Wichtig ist, dass das Reisen nicht die sonstigen Lebensgrundlagen gefährdet oder in Stress ausartet.
In vier Schritten zur Unabhängigkeit
Diese vier Schritte sollten geklärt sein, bevor man sich auf die Reise ins Unbekannte begibt:
- Krankenversicherung: Der deutsche Versicherungsschutz gilt in der Regel nur für Auslandsaufenthalte von bis zu sechs Wochen. Er kann zwar durch eine Reisezusatzversicherung verlängert und um Privatleistungen ergänzt werden, sollte aber mittelfristig auf eine Versicherungslösung vor Ort umgestellt werden. Welche Optionen es gibt, klärt man am besten vor Reiseantritt mit einem Versicherungsberater.
- Abmelden oder gemeldet bleiben: Dieser Punkt ist vor allem aus steuerrechtlicher Sicht, aber auch für das Freiheitsgefühl von Bedeutung. Wenn man alle Verbindungen zur alten Heimat kappen will, sollte man sich auch abmelden. Für Freelancer und Selbständige können auch Gründe steuerlicher Art für eine Abmeldung des deutschen Wohnsitzes sprechen. Solange man in Deutschland gemeldet ist, erwartet das Finanzamt auch, dass man hier Steuern entrichtet.
- Wohnung – behalten, kündigen oder untervermieten: Auch hier kann einer der ausschlaggebenden Gründe das Bedürfnis, sich von der Heimat zu lösen, sein. Mit einer Kündigung entfällt jedoch auch die Möglichkeit, ein weitgehend passives Einkommen durch eine Untervermietung zu erzielen. Eine Wohnung zu halten, in die man jederzeit zurückkehren kann, kann wiederum das persönliche Sicherheitsgefühl erhöhen.
- Finanzen: Der wichtigste Punkt dreht sich um die Absicherung des Lebensunterhalts in der Fremde. Auch in anderen Ländern und selbst in den abgelegensten Regionen werden Kosten in Form von Miete und Lebenshaltung anfallen. Laptops und andere Arbeitsgeräte können kaputtgehen und müssen dann ersetzt werden. Weitere unvorhergesehene Kosten sollten ebenfalls in einem gewissen Rahmen eingeplant werden.Daher ist es für ein erfolgreiches Leben und Arbeiten im Ausland von zentraler Bedeutung, diese Kosten zu erfassen oder großzügig zu schätzen und mit den geplanten Einnahmen gegenzurechnen. Bei den Einnahmen sollte man sehr konservativ schätzen und sich keine Illusionen machen, sonst muss die Reise früher als geplant beendet werden.
HĂĽrden des digitalen Nomaden-Daseins
Neben den persönlichen Umständen und den finanziellen Voraussetzungen gilt es für digitale Nomaden, noch weitere Hürden zu überwinden. Da es sich noch um einen sehr jungen Lebensstil handelt, sind viele rechtliche und steuerliche Fragen noch nicht abschließend geklärt und bedürfen erst noch einer verlässlichen Regelung.
Insbesondere betrifft dies den Status der digitalen Nomaden in den jeweiligen Aufenthaltsländern. Dort machen sie nicht nur Urlaub, sondern arbeiten und halten sich länger hier auf, als dies Touristen tun. Trotzdem reisen viele digitale Nomaden mit einem Touristenvisum und bleiben in Deutschland steuerpflichtig, obwohl sie hier gar kein Einkommen mehr erzielen.
Einige Länder wie Estland haben auf den neuen Lebensstil bereits mit der Vergabe von digitalen Visa inklusive Arbeitserlaubnis reagiert, andere Länder sind sich des Phänomens entweder nicht bewusst oder hinken einer legalen Regelung hinterher.
Ă„hnlich schlecht geregelt wie das Arbeits- und Steuerrecht fĂĽr digitale Nomaden ist der Krankenversicherungsschutz. Um nicht aus Versehen ohne Versicherungsschutz dazustehen, illegal zu arbeiten, zu leben oder Steuern zu hinterziehen, sollten digitale Nomaden die Hilfe von Experten vor Ort (Expats, internationale Community) sowie von professionellen Steuer- und Versicherungsberatern einholen.
Digitaler Nomade werden – so funktioniert’s!
Die Entscheidung, ein digitaler Nomade zu werden, ist radikal und macht vielen Menschen, genauso wie es sie fasziniert, im ersten Moment Angst. Die Sicherheit des Bekannten und das langjährige Zuhause werden aufgegeben und ein Sprung ins Unbekannte soll gewagt werden. Da ist es nicht verwunderlich, wenn dieser Gedanke neben Vorfreude und Begeisterung auch Bedenken und Ängste auslöst.
Eine gute Vorbereitung kann nicht nur helfen, praktische Probleme zu überwinden, sondern auch, sich noch einmal über die Entscheidung und die damit verbundenen Gefühle klar zu werden. In den folgenden Abschnitten haben wir einige Qualitäten und Kriterien zusammengetragen, die helfen, den neuen Lebensstil erfolgreich zu gestalten.
Die Persönlichkeit
Der Lebensstil eines digitalen Nomaden erfordert in jedem Fall eine hohe Flexibilität und Einfallsreichtum bei der Bewältigung immer neuer Herausforderungen in allen Lebensbereichen. Wie bei allen Tätigkeiten, bei denen man große Freiheiten genießt, ist eine hohe Motivation und Disziplin erforderlich, damit man das Arbeiten in der Ferne nicht komplett zugunsten der Freizeit vernachlässigt.
Da man während der Reise ständig neue Leute, seien es andere digitale Nomaden, Expats oder einheimische Bewohner, trifft, sollte außerdem eine große Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen zur Persönlichkeit eines digitalen Nomaden gehören.
Zeitzonen berĂĽcksichtigen
Ein digitaler Nomade hat sich zwar unabhängig von einem festen Standort und einem festen Umfeld gemacht, muss aber weiterhin mit Kunden und Kollegen zusammenarbeiten, die sich an bestimmte Arbeitszeiten in ihrer Zeitzone halten. Die Notwendigkeit, zu bestimmten Zeiten an Calls, Meetings und Präsentationen teilzunehmen, ist auch bei den meisten digitalen Berufen gegeben und die Arbeit im Homeoffice kann an die heimischen Bürozeiten gebunden sein. Das gilt es auch bei der Wahl des Zielortes sowie der Unterkunft zu bedenken.
Die Gehälter variieren
Je nach Art der Tätigkeit und variierend mit der Zeit, die man mit Arbeiten verbringt, kann das verfügbare Einkommen ganz unterschiedlich ausfallen. Abhängig vom Geschäftsmodell variiert auch das Einkommen eines Unternehmers stark. Diese Schwankungen sind bei digitalen Nomaden aufgrund des weniger steten Lebensstils eher höher als bei einer vergleichbaren Tätigkeit in der Heimat.
Schließlich will man in der Ferne nicht jeden Tag acht Stunden arbeiten. Gerade nach einem Standortwechsel überwiegt die Zeit der Entdeckung die Arbeitszeit oft sehr deutlich. Wenn man dies bei der Budgetplanung beachtet und sich realistische Vorstellungen macht, müssen diese Schwankungen aber gar nicht negativ betrachtet werden. Sie gehören zum Lebensgefühl eines digitalen Nomaden.
Lebenshaltungskosten
Die Lebenshaltungskosten variieren je nach Land, Region und angestrebtem Standard ebenfalls stark und sollten für die Budgetplanung vor der Anreise recherchiert werden. Entsprechende Webseiten oder Social-Media-Gruppen können hier zur Information verwendet werden.
Allerdings sollte ein gewisser Standard wie eine stabile Internetverbindung und Stromversorgung stets gesichert sein. Bei einem längeren Aufenthalt sollte außerdem auf Hygienestandards und die Qualität der Gesundheitsversorgung geachtet werden.
Einhaltung der geltenden Vorschriften
Ein Leben als digitaler Nomade erfordert es, sich immer wieder neu zu orientieren. Das gilt auch für den rechtlichen Rahmen, in dem man sich bewegt. Die Aufenthaltsbestimmungen variieren nicht nur in den verschiedenen Zielländern, sondern können auch für unterschiedliche Herkunftsländer unterschiedlich gestaltet sein.
Häufig sind die Bestimmungen auch noch nicht auf das Leben eines digitalen Nomaden angepasst und es herrscht Unklarheit darüber, wo man beispielsweise einkommensteuerpflichtig ist oder ob man eine Arbeitsgenehmigung des Gastlandes benötigt.
Man sollte sich deshalb so gut wie möglich eigenständig informieren, welche Regelungen die verschiedenen Länder getroffen haben, aber auch auf die Expertise anderer Expats vor Ort sowie eventuell eines spezialisierten Steuerberaters zurückgreifen.
Ăśberblick ĂĽber die Berufe des digitalen Zeitalters
Neben den persönlichen Voraussetzungen für ein Leben als digitaler Nomade sind auch bestimmte Berufe geeigneter als andere für das digitale Nomadentum. Eine Gemeinsamkeit fast aller geeigneten Berufe ist, dass es sich bei der Tätigkeit um die Erbringung von ortsunabhängigen Dienstleistungen, die nicht mehr als einen Laptop und minimales Equipment erfordern, handelt.
Besonders geeignet sind digitale Berufe, die man als Freelancer mit freier Verfügung über die eigene Arbeitszeit ausüben kann. Hier herrscht jedoch häufig eine harte Konkurrenz und die ist nicht immer kompatibel mit dem Lebensstil des digitalen Nomaden. Freelancer sollten nicht damit rechnen, in der Ferne plötzlich mehr zu verdienen als in der Heimat und daher bereits im Voraus sicherstellen, ausreichend Einkommen generieren zu können.
Das Leben als digitaler Nomade kann auch aus dem Angestelltenstatus heraus gefĂĽhrt werden. Nach Absprache mit dem Arbeitgeber kann im Prinzip jeder Job, der im Homeoffice ausgeĂĽbt werden kann, auch aus der Ferne gemacht werden.
Zu den besonders beliebten Branchen gehören die IT, kreative Berufe, E-Commerce, PR, Coaching, Unternehmensberatung und Consulting. Man sollte hier auch realistisch sein: Das Schreiben eines Reiseblogs oder -tagebuchs kann zwar ein nettes Zusatzeinkommen sein, wird aber in der Regel nicht die laufenden Kosten decken.
Fähigkeiten, die Sie als digitaler Nomade entwickeln müssen
Das Leben als digitaler Nomade sollte nicht mit dem Leben in der Hängematte am Strand verwechselt werden. Im Unterschied zum Urlauber müssen digitale Nomaden ohne ausreichendes passives Einkommen (Miet- und Kapitalerträge) für ihren Lebensunterhalt auch in der Ferne arbeiten. Digitale Nomaden möchten zusätzlich auch noch Land und Leute kennenlernen und immer wieder an andere Orte reisen. Es handelt sich daher um einen sehr aktiven Lebensstil, der spezielle Anforderungen mit sich bringt.
Organisatorische Fähigkeiten
Das Leben in der Ferne erfordert viel Organisation, Effizienz und Disziplin, damit neben der Arbeit auch noch freie Zeit fĂĽr Abenteuer und gemeinsame Erlebnisse ĂĽbrig bleibt. Denn der Job sollte stets an erster Stelle stehen, wenn man auf das Einkommen angewiesen ist. Eventuell mĂĽssen auch verlockende Chancen ausgeschlagen werden, weil ein beruflicher Termin ungĂĽnstig liegt. Um diese Konflikte zwischen Arbeit und Freizeit zu minimieren, sollten digitale Nomaden beide Bereiche gut planen.
Kulturelles Bewusstsein
Das kulturelle Bewusstsein eines digitalen Nomaden wird mit der Zeit aufgrund der vielen unterschiedlichen Erfahrungen, die er macht, immer ausgeprägter. Es ist aber auch wichtig, bereits von Beginn an auf die verschiedenen Umgangsformen und Sitten sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich zu achten.
Kommunikative Fähigkeiten
Die Sprache aller Expats, Weltenbummler und häufig auch die erste Fremdsprache ist Englisch und sollte daher nicht nur im beruflichen, sondern auch im alltäglichen Rahmen sehr gut beherrscht werden. Wenn man sich in einer Region langfristig aufhalten will oder wichtige Kunden eine bestimmte Sprache sprechen, sollten digitale Nomaden immer bereit sein, hier neue Kenntnisse zu erwerben. Die lokal gesprochene Sprache zumindest elementar zu erlernen, wird das Leben in der Ferne außerdem immer erleichtern.
FAQ: Digitaler Nomade
Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zu Thema und Begriff des digitalen Nomaden kurz beantwortet.
Wie werde ich ein digitaler Nomade?
Die beste Voraussetzung für das Leben als digitaler Nomade ist es, einen ortsunabhängigen Beruf entweder in Anstellung (Homeoffice) oder als Freelancer auszuüben. Ansonsten sind die Wege ebenso wie die Zielländer sehr individuell. Wer will, kann bei der Suche nach einem schönen Ort mit einbeziehen, wo bereits eine große internationale Community besteht.
Wie viel verdient man als digitaler Nomade?
Die Verdienstmöglichkeiten als digitaler Nomade hängen ganz von dem Job ab, den man ausübt, und ob man diesem verlustfrei im Ausland weiter nachgehen kann. Viele digitale Nomaden wollen außerdem ihre Arbeitszeit reduzieren und verdienen deswegen weniger als in der Heimat. Günstigere Lebenshaltungskosten oder Vorteile bei den Steuern können aber dafür sorgen, dass auch mit geringerem Einkommen ein vergleichbarer Lebensstandard wie in der Heimat erreicht werden kann.
Wo zahlen Digital Nomads Steuern?
Diese Frage ist für viele Freelancer derzeit in vielen Ländern und für viele Beschäftigungsmodelle noch nicht geklärt. Wenn man Steuern sparen möchte, bietet es sich oft an, ein Unternehmen im Ausland zu gründen. Um Steuervorteile genießen zu können, ist es jedoch wichtig, dass der Lebensmittelpunkt nicht doch in Deutschland liegt und man den deutschen Wohnsitz abgemeldet hat.
Wenn man im Homeoffice arbeitet und der Arbeitgeber sich einverstanden erklärt, kann man in der Regel ganz normal beschäftigt bleiben und ist weiterhin in Deutschland steuerpflichtig. Ob zusätzlich eine Steuerpflicht im Ausland besteht, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig und sollte mit einem Steuerberater geklärt werden.
Was brauchen digitale Nomaden?
Ein digitaler Nomade braucht in der Minimalausstattung nur einen Laptop, ein Smartphone, einen Schlafsack und eine Isomatte. Er übernachtet in Hostels und Gemeinschaftsunterkünften und verdient sein Geld mit kreativer Arbeit oder indem er hin und wieder einen IT-Job erledigt. Dazwischen verbringt er möglichst viel Zeit am Meer und in der Hängematte.
Diesen digitalen Nomaden gibt es zwar, aber es gibt auch den Programmierer, der sich ein halbes Jahr in den Alpen und ein halbes Jahr in Singapur aufhält. Das Leben der digitalen Nomaden ist bei weitem zu vielfältig, um hier eine pauschale Antwort zu geben.
Fazit – Die Digitalisierung schafft neue und attraktive Arbeitsmodelle
Ob kreativer Autor, der von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Starbucks zu Coworking Spaces und zurĂĽck wechselt oder dem IT-Spezialisten, dem nach ein paar Jahren am gleichen Ort langweilig wird, ob Freelancer, Angestellter oder Unternehmer, digitale Nomaden leben interessant und abwechslungsreich.
Möglich ist dieser Lebensstil aufgrund der Digitalisierung und der Globalisierung. Digitale Nomaden sind Teil der kosmopolitischen, tendenziell sehr gut ausgebildeten und gut bezahlten Bevölkerungsschicht, die versuchen, eine neue Work-Life-Balance zu etablieren und zum Vorbild tausender junger Menschen geworden sind.
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- andrew-neel-cckf4TsHAuw-unsplash: Foto von Andrew Neel auf Unsplash