Frau Dr. med. Selma Uygun, jeder Mensch hat durchschnittlich 100.000 Haare auf dem Kopf. Statistisch gesehen verlieren wir pro Tag etwa 50 bis 100 Haare. Ein Vorgang, der biologisch völlig normal ist. Und doch wird Haarausfall als Volkskrankheit bezeichnet…
Dr. med. Selma Uygun: Haare wachsen zyklisch, heißt sie durchlaufen verschiedene Wachstumsphasen, an deren Ende alte oder abgestorbene Haare schlichtweg abgestoßen werden, um so Platz für neue zu machen. Daher: Ja, Haarausfall ist ein natürlicher Vorgang. Völlig normal, so lange er sich in Grenzen hält. Sie haben richtig den Mittelwert von 50 bis 100 Haaren genannt, die ein Mensch im Durchschnitt pro Tag verliert. Sind es mehr und das über einen längeren Zeitraum, wird medizinisch von Haarausfall gesprochen. Und das betrifft sehr viele Menschen. Es ist davon auszugehen, dass 80 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen im mitteleuropäischen Raum unter Haarausfall leiden. Und ich nutze mit Bedacht das Verb leiden, weil Betroffene den Haarausfall in der Regel als weitaus schlimmer einschätzen als vom Arzt bestätigt und darunter einen enormen Einschnitt ihrer Lebensqualität empfinden. Menschen mit Haarausfall ziehen sich oftmals aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, ihr Selbstvertrauen sinkt, sie trauen sich weniger zu und haben in der Folge nicht selten mit depressiven Stimmungen zu kämpfen, die auch wiederum weitere Nebenwirkungen mit sich ziehen. Es ist also folgerichtig, Haarausfall als eine Krankheit zu betiteln.
Dennoch ist es ein biologischer Prozess.
Dr. med. Selma Uygun: Dies bedeutet nicht, dass dieser akzeptiert werden muss. Wenn man mit einem Zustand unzufrieden ist und die Möglichkeit besteht, etwas dagegen zu tun, wäre es traurig, die Chance auf ein glücklicheres Selbstbild nicht zu ergreifen.
„Es stellt sich die Frage, wie viel einem ein volles Kopfhaar wert sein sollte!“
Welche Möglichkeiten gibt es denn zur Besserung?
Dr. med. Selma Uygun: Zuerst einmal kommt es auf den Grund für den Haarausfall und auf die Art an. Im Vorfeld ist dazu eine Anamnese notwendig. Sind Mangelerscheinungen oder Stress der Grund für den Haarausfall, kann man diesen durch eine positive Änderung der Lebensgewohnheiten relativ schnell stoppen. Auch hormonell bedingter Haarausfall lässt sich vergleichsweise unkompliziert therapieren. Sind Schilddrüsen- oder Immunerkrankungen der Grund für den Haarausfall, gilt es natürlich das eigentliche Leiden zu heilen. Mit der Genesung bessert sich auch die Haarstruktur.
Doch in den meisten Fällen handelt es sich um einen genetisch veranlagten Haarausfall. Da sind die Lösungsansätze dünn gesät. Schnell greift man zu Medikamenten. Doch diese sind dauerhaft einzunehmen und nicht günstig. Da stellt sich die Frage, wie viel einem ein volles Kopfhaar wert sein sollte. Nicht selten gehen mit der Medikamenteneinnahme zahlreiche Nebenwirkungen einher. Wichtig ist auch zu wissen, dass diese Arzneimittelchen eben nur weiteren Haarausfall stoppen, bereits verlorene Haarwurzeln können nicht zurückgewonnen werden. Für die Betroffenen bringt ein solcher Weg keine Besserung ihrer Lebensqualität, denn zwar kann weiterer Haarausfall gestoppt werden, aber die als nicht tragbar empfundene Ist-Situation bleibt, wie sie ist.
Eine Alternative soll die PRP-Behandlung (PRP=platelet-rich plasma / Blutplättchenreiches Plasma A.d.R) darstellen, die bereits bei der Heilung von orthopädischen Beschwerden und Rheuma sowie auch bei Hauterkrankungen Anwendung findet. Was ist bei der PRP-Behandlung anders?
Die Therapie setzt genau dort an, wo sie gebraucht wird. Unterhalb der Kopfhaut an den Haarwurzeln. Dort wird mittels Eigenblut den Haarwurzeln gezielt essenzielle Nährstoffe zugeführt. Der Aufbau der Haarwurzel wird unterstützt, die Regeneration der Haare gefördert. Nicht nur, dass der Haarausfall gestoppt wird, auch wird das Wachstum neuer Haare beschleunigt.
Dr. Selma Uygun: „Die Patienten sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen – und ich auch.“
Sie bieten die PRP-Methode seit einiger Zeit in ihrer Düsseldorfer Schönheitspraxis an. Wie läuft eine solche Behandlung ab?
Dr. med. Selma Uygun: Das zuvor gewonnene Blutplasma wird mit Mikronadeln in die Kopfhaut injiziert, das dauert je nach Schweregrad zwischen 15 und 30 Minuten. Bereits ab der ersten Behandlung wird die Neubildung von Blutgefäßen an den Haarwurzeln angeregt. Um alle betroffenen Kopfregionen und vor allem Haarwurzeln einer PRP-Behandlung zu unterziehen, sind mindestens fünf Behandlungen im Abstand von circa einem Monat bis zu sechs Wochen notwendig.
Und welche Erfolge können dabei erzielt werden?
Dr. med. Selma Uygun: Eine Besserung des Haarausfall-Musters ist in der Regel unmittelbar nach der ersten Sitzung nachweisbar – und das bei 90 Prozent der Patienten. Ebenso viele beobachten nach nur drei Behandlungen eine Zunahme der Haardicke, Abnahme des Haarausfalls und eine Verringerung des Kopfhautjuckens. 80 Prozent der von mir behandelten Männer und Frauen berichten mir von einem dichteren Haarwuchs. Das ist eine unfassbar hohe Erfolgsquote. Wobei ich bislang noch keine einzige negative Rückmeldung erhalten habe. Die Patienten sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen – und ich auch.
Aber sicherlich wird über Schmerzen geklagt, immerhin muss Eigenblut injiziert werden.
Dr. med. Selma Uygun: Die Injektion kann mit einem leichten Brennen einhergehen. Das Gefühl ist unangenehm, aber auszuhalten.
Und wie lange hält das Ergebnis an?
Dr. med. Selma Uygun: Die abgeschlossene Behandlung hält mindestens zwei Jahre an. Darauf kann mit kleineren Auffrischbehandlungen im Abstand von neun bis zwölf Monaten ein dauerhafter Zustand erreicht werden.
Sind Nebenwirkungen bekannt?
Dr. med. Selma Uygun: Bis auf leichte Blutergüsse, die um die Injektionsstellen kurzfristig auftreten können, gibt es keine Nebenwirkungen oder Risiken irgendwelcher Art. Bei der Eigenbluttherapie handelt es sich um eine ambulante Behandlung, sehr risikoarm und damit ein sicherer Eingriff innerhalb der ästhetischen Medizin. Da lediglich Eigenblut zum Einsatz kommt, sind Unverträglichkeiten wie allergische Reaktionen ausgeschlossen.
Also ist die Therapieform für jeden geeignet?
Dr. med. Selma Uygun: Ja. Es gibt absolut keine Einschränkungen in der Zielgruppe. Sowohl Patienten mit starkem wie auch mit bereits voranschreitendem Haarausfall (sowohl erblich bedingt auch als hormoneller Haarausfall) können sehr gute Ergebnisse erzielen. Wobei die Erfolgsaussichten zunehmen, je früher der Betroffene dem Haarausfall mit einer PRP-Behandlung entgegenwirkt.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. med. Uygun!