Ein Hotelaufenthalt dient Urlaubern dazu, sich vom Alltag zu erholen und die Seele baumeln zu lassen. Auf einer Geschäftsreise hingegen stellt das Hotelzimmer einen Rückzugs- und Entspannungsort fernab der Heimat dar. Umso ärgerlicher ist es in beiden Fällen, wenn sich das Hotelzimmer in einem nicht wünschenswerten Zustand präsentiert und sich Ungeziefer darin breit macht. Allerdings begründet der Ungezieferbefall dennoch nicht immer einen Schadensersatzanspruch oder macht es möglich, den Reisepreis zu mindern.
Ungeziefer im Hotel als Reisemangel
Stellt sich während einer Geschäftsreise oder eines Urlaubs heraus, dass das Hotelzimmer von Schädlingen „mitbewohnt“ wird, ist das mehr als nur ärgerlich. Das gilt dabei nicht allein, weil die meisten Reisenden weder ein Spray gegen Spinnen noch eine Mausefalle bei sich haben. Vielmehr kann der Schädlingsbefall den Urlaub ruinieren, da Entspannung in der Gegenwart von Kakerlaken, Ameisen, Mäusen so gut wie unmöglich wird. Experten raten Geschäftsreisenden und Urlaubern deshalb, Sprays gegen Ungeziefer bei Reisen in bestimmte Länder mitzunehmen.
Allerdings entsteht nicht in jedem Fall von Ungezieferbefall im Hotelzimmer auch ein Schadenersatzanspruch für den Reisenden. Vielmehr kann sich ein solcher Anspruch des Reisenden nach § 651n in Verbindung mit § 284 BGB nur dann ergeben, wenn eine gebuchte Pauschalreise mangelhaft war. Außerdem kann das Vorliegen eines Reisemangels unter anderem ein Minderungsrecht des Reisenden gemäß § 651m BGB auslösen – auch die Minderung setzt jedoch einen Reisemangel voraus. Ob die Reise zu privaten oder geschäftlichen Zwecken gebucht worden ist, ist dann unerheblich. Liegt ein Reisemangel vor, können Schadensersatzansprüche sowie die Möglichkeit der Reisepreisminderung bei Geschäfts- sowie Privatreisen entstehen.
Voraussetzung für die Entstehung von Schadenersatz- und ähnlichen Ansprüchen ist jedoch immer das Vorliegen eines Reisemangels im Sinne des § 651i Abs. 2 BGB. Ein solcher Mangel liegt dann vor, wenn sich die Reise
· für den vertraglich vorausgesetzten Nutzen insgesamt nicht eignet
oder
· sich für den gewöhnlichen Nutzen nicht eignet und erheblich von dem abweicht, was bei Reisen dieser Art und Güte zu erwarten war
Nur dann, wenn ein Reisemangel vorliegt, kann sich ein Schadensersatz- oder Minderungsanspruch des Urlaubers oder des Geschäftsreisenden ergeben.
In vielen Ländern stellen Kakerlaken und Co. keinen Reisemangel dar
Die aktuelle Rechtsprechung zum Reiserecht vertritt die Ansicht, dass eine gewisse Belastung mit Ungeziefer wie Schaben, Kakerlaken oder mit anderen unliebsamen Mitbewohnern gerade in südlichen Ländern kein Reisemangel ist. Vielmehr müssen Reisende ein gewisses Aufkommen von Schädlingen auch im Hotelzimmer oder der Urlaubsanlage hinnehmen.
Ob ein Ungezieferbefall das hinzunehmende Maß übersteigt, wird an den Landesgepflogenheiten bemessen. Das hat zur Folge, dass Richter bei der Feststellung, ob ein Reisemangel vorliegt oder nicht, zu berücksichtigen haben, welche Ungeziefer-Belastung in einem bestimmten Land und in der gebuchten Hotelkategorie als hinnehmbar zu erachten ist. Erst wenn das hinnehmbare Maß überschritten wird, liegt ein Reisemangel vor.
Ob Ungeziefer im Hotel einen Mangel darstellt, hängt vom Reiseland ab
Ob Ameisen, Kakerlaken oder anderes Ungeziefer im Hotelzimmer einen Reisemangel darstellen, ist vom Urlaubsland abhängig. Ein Anspruch auf Entschädigung besteht daher nicht automatisch – vielmehr muss die Entscheidung für den jeweiligen Einzelfall erfolgen. Neben der Art des Ungeziefers und dem Reiseland ist für die Entscheidung außerdem relevant, ob der Ungezieferbefall vereinzelt oder in erheblichem Maße und dauerhaft auftritt.
Das Amtsgericht in Kleve entschied in diesem Zusammenhang etwa, dass während eines Hotelaufenthalts auf Gran Canaria zehn bis zwanzig Kakerlaken hinzunehmen seien (Urteil vom 11.05.1998, Az. 3 C 197/98). In der Karibik hingegen müssen sich Reisende bei Hotelübernachtungen mit zwei bis drei Geckos in ihrem Zimmer arrangieren – das entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 21.09.2000, Az. 18 U 52/00).
Anders kann es hingegen aussehen, wenn Bettwanzen im Hotel vorkommen und die Wanzenbisse Hautausschlag und heftigen Juckreiz hervorrufen. In einem solchen Fall sprach das Amtsgericht Bad Homburg einem Reisenden 10 Prozent des Reisepreises als Wiedergutmachung zu (Urteil vom 30.01.1997, Az. 2 C 2428/96-18).
Ob Schadenersatzforderungen oder Reisepreisminderungen im Einzelfall Aussicht auf Erfolg haben, ist dementsprechend nicht immer leicht zu sagen. Reisende, die die Geltendmachung solcher Ansprüche planen, sollten sich daher im Vorfeld möglichst von einem Anwalt für Reiserecht beraten lassen.
Wie sollten sich Reisende bei einem Ungezieferbefall im Hotelzimmer verhalten?
Wer von einem Ungezieferbefall im Hotelzimmer betroffen ist und Ansprüche auf Schadenersatz oder Reisepreisminderung geltend machen möchte, sollte den Befall vor Ort dokumentieren. Das erleichtert es, die aufgetretenen Unannehmlichkeiten später zu beweisen. Treten außerdem – etwa aufgrund eines Bettwanzenbefalls – auch körperliche Beschwerden auf, kann ein ärztliches Gutachten sinnvoll und hilfreich sein.
Ferner müssen Reisende einen akuten Reisemangel zudem ihrer Reiseleitung vor Ort melden. Das ermöglicht es dem Reiseveranstalter, den Mangel zu beheben, indem er etwa einen Zimmerwechsel oder eine Intensivreinigung des Zimmers veranlasst. Meldet der Reisende den Mangel nicht, kann er sich später nicht auf Schäden, die durch den Ungezieferbefall entstanden sind, berufen.