Die Ansprüche der Sprösslinge sollten verzinst werden und wurden ebenfalls bis zum Tod gestundet. Nach dem Tod der Mutter ein paar Jahre später hatten sich die Zinsen auf rund 20.000 Euro je Kind summiert. Das Finanzamt wollte sie sofort besteuern. Die Kinder hingegen machten geltend, die Zinsen seien ihnen bislang nicht zugeflossen, weil der Nachlass überwiegend aus Grundbesitz bestand und nahezu keine Geldzahlungen geflossen waren.
Einnahmen in Geld oder Geldeswert fließen steuerlich in dem Zeitpunkt zu, in dem eine Person hierüber wirtschaftlich verfügen kann, so der BFH in seinem Urteil vom 28.10.2008 (Az. VIII R 36/04). Das sind in der Regel eine Barauszahlung oder eine Kontogutschrift. Daher begründet allein die Fälligkeit einer Leistung zumeist noch keinen Zufluss. Doch es genügt auch schon, wenn jemand die Möglichkeit hat, den Eintritt des Leistungserfolgs selbst herbeizuführen. Das ist bei den Kindern als Erben gegeben. Die ihnen aus dem gestundeten Pflichtteilsanspruch zustehenden Zinsen sind bereits im Todesjahr der Mutter zugeflossen, indem der Nachlass mit dem Erbfall ungeteilt als Ganzes auf die Miterben übergegangen ist. Damit haben die Sprösslinge Teileigentum an den einzelnen Gegenständen des Nachlasses erworben und sie sind insoweit objektiv bereichert worden. Das beinhaltet dann automatisch den Zufluss der steuerpflichtigen Verzinsung ihrer gestundeten Pflichtteilsansprüche.
(!) Auch Zinsen zwischen Privatpersonen unterliegen seit 2009 der pauschalen Abgeltungsteuer. Hier ist aber die Besonderheit zu beachten, dass in ein solches Geschäft keine Bank direkt eingeschaltet ist, sodass vorab keine Kapitalertragsteuer einbehalten wird. Daher müssen die Zinseinnahmen weiterhin auf der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung deklariert werden. Das Finanzamt erfasst die Kapitaleinnahmen dann im Nachhinein im Wege der Veranlagung mit 25 Prozent Abgeltungsteuer.
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