„Steigende Cyberrisiken sind ein negativer Effekt der digitalen Transformation, die wiederum Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg ist. Dieser Effekt schlägt erst jetzt langsam durch und kann gerade bei Industrieunternehmen existenzbedrohlich werden – vor allem dann, wenn das Thema in der Vergangenheit vernachlässigt wurde oder aufgrund der Bewältigung von Krisenfolgen einfach nicht mit der notwendigen Priorität verfolgt werden konnte“, so Ralf Sauter, Studienleiter und Partner bei der Managementberatung Horváth. „Mit zunehmender Vernetzung und intelligenter Steuerung steigt das Risiko von Cyberattacken, die die Produktion für mehrere Tage stilllegen könnte.“
Preissteigerungen für die Unternehmen verkraftbar, solange die Nachfrage nicht einbricht
Industrieunternehmen sind darüber hinaus in besonderem Maße von den massiven Preissteigerungen bei Roh- und Grundstoffen betroffen, und können diese nur teilweise an ihre Kunden weitergeben, wie die Studie weiter zeigt. Die höchsten Faktorkostensteigerungen im Vergleich zu 2021 mussten die Branchen Öl und Chemie (+31 Prozent), Energie (+30 Prozent) sowie Handel & Konsumgüter (+19 Prozent) verkraften. „Unsere Studie zeigt, dass gestiegene Faktorkosten nur zur Hälfte bis maximal zwei Dritteln durchgereicht werden können“, sagt Horváth-Experte Sauter. „Die verbleibenden Mehrkosten gehen zulasten der Marge, was das Gesamtergebnis um bis zu 50 Prozent drücken kann. Das geht nur eine gewisse Zeit gut. Sinken die Margen aufgrund rückläufiger Kaufkraft und Nachfrage durch eine weiterhin hohe Inflationsrate oder steigende Zinsen, bricht das Kartenhaus zusammen.“
Die Horváth-Experten rechnen allerdings nicht damit, dass ein Unternehmenssterben vor 2023 eintritt, denn noch sind die Firmen liquide und die Auftragsbücher voll. Wie die Studie „CxO Priorities 2022“ zeigt, blicken die Topführungskräfte aktuell noch vergleichsweise positiv in die Zukunft. Für das laufende Jahr rechnen 78 Prozent mit einem Wachstum im Vergleich zum Vorjahr. 2023 visieren 72 Prozent steigende Umsätze an.
Ruhe vor dem Sturm nutzen, um sich im Kern zu wappnen
Angesichts der angespannten und unsicheren Situation empfehlen die Horváth-Experten den Führungskräften dennoch, sich im Kern für mögliche langfristige Krisenfolgen bis hin zur Rezession zu wappnen. Das bedeutet, vor allem die Kosten- und Ergebnisstruktur bestmöglich zu optimieren. „Die Wirtschaft steht am Scheideweg. Wenn sich Lieferengpässe zum Jahresende wirklich spürbar entspannen, das Konsumklima nicht stark einbricht und die Inflation sich stabilisiert, sind die Prognosen realistisch. Kommt es zu einer Verstärkung der sich überlagernden Krisen, wird es eng“, so Ralf Sauter von Horváth. Da es auf der Einkaufseite aktuell wenig Spielraum gibt, sind dem Experten zufolge zwei Hebel von großer Bedeutung. So gelte es erstens, auf der Absatzseite konsequent an den Preis- und Vertriebsstrategien zu arbeiten. Der zweite Hebel ist die Optimierung der Kosten- und Ergebnisstruktur. Daran arbeiten insbesondere die Industrieunternehmen bereits mit Hochdruck, wie sich an den Studienergebnissen ablesen lässt. In der Automotive-Branche steht dieses Thema sogar auf Platz eins der wichtigsten Managementthemen.
„Insgesamt ist zu beobachten, dass die Kosten- und Ergebnisstrukturen über alle Branchen hinweg an Relevanz gewonnen haben und strategische Aufgaben, wie etwa die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, in den Hintergrund rücken. In dieses Bild passt auch, dass immer mehr Unternehmen ihre flexiblen Arbeitsmodelle zurückfahren und die Mitarbeitenden zurück in die Zentralen beordern wollen“, sagt Horváth-Experte Sauter.