Was erst toll klingt, muss nicht toll sein
IT-Anwalt Christian Solmecke erklärt worauf Youtuber achten sollten, wenn sie einen Vertrag mit einem Netzwerk wie Mediakraft unterschreiben. „Die Vorteile, die einem der Beitritt zu einem Youtube-Netzwerk bringen kann, klingen zunächst gut. Es sind dennoch einige Faktoren wie Vertragsunterzeichnung zu beachten. Exklusivität und Transparenz, Rechte und Leistungen, Vergütun dun Laufzeit sind die wichtigsten Schlagworte“, schreibt der Anwalt. In einem engen Korsett eines solchen Vertragswerks wollte sich Simon Unge nicht mehr länger einzwängen lassen.
13 Minuten der #Freiheit
Der Youtuber stellte ein Video ins Netz mit dem Namen „Die schwerste Entscheidung meines Lebens. #Freiheit“. Dort erklärt er, warum er nicht mehr länger mit Mediakraft zusammenarbeiten möchte. Vor erst einem Jahr hatte sich der Youtube-Star, der mit berichten über PC-Spiele berühmt wurde, Mediakraft angeschlossen. Seiner Meinung nach habe er von dem Netzwerk aber Unterstützung „noch nie bekommen“. Deshalb sei er letztendlich zu dem Entschluss gekommen, nicht mehr länger mit dem Netzwerk zusammenarbeiten zu wollen.
Aus #Freiheit könnte Rechtstreit werden
Der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke ist der Meinung, dass eine solche Kündigung via Youtube nicht unbedingt die erhoffte Freiheit für Simon Unge bringen könnte, sondern viel Ärger. „Die genauen Regelungen des Vertrages zwischen Unge und Mediakraft sind zwar unbekannt, die spontane „Kündigung“ von Unge per Video wird nach einer ersten Einschätzung jedoch nicht sofort zu der gewünschten Freiheit führen, sondern eher zu einem längwierigem Rechtsstreit“, schreibt der Anwalt in einer Pressemitteilung als Fazit. Denn „es erscheint unwahrscheinlich, dass Unge hier an keine Kündigungsfrist gebunden war und somit einfach von heute auf morgen kündigen konnte. Wahrscheinlich ist, dass Unge für die Zeit der Kündigungsfrist mit sämltichen Kanälen und Videos an das Netzwerk gebunden bleibt“, glaubt Solmecke.
Nicht behandeln lassen wie ein „Scheißhaufen“
Schon lange fühlte sich Simon Unge von seinem Netzwerk Mediakraft nicht mehr ernst genommen. Die Unterstützung seitens des Netzwerks habe gefehlt. Auch soll, nachdem offenbar Unge seine Kündigungsabsicht bzw. eine Klageabsicht, dem Netzwerk erklärt haben soll, ein Mitarbeiter ihm und seinen Mit-Youtubern gedroht haben. Dann würden sie „in die Privatinsolvenz gehen“ müssen. „Das heißt, wir werden alles verlieren, was wir haben. Mediakraft wird uns komplett zerstören, unser Leben zerstören“, spricht Unge verzweifelt in die Kamera. Ab dem Punkt habe er dann beschlossen dagegen zu kämpfen. „Ich lasse mich nicht gerne behandeln wie ein Scheißhaufen und ich lasse mich nicht gerne ausnutzen“, fügt Unge an.
Mediakraft bestreitet Unges Vorwürfe
Der CEO von Mediakraft, Spartacus Olsson hat sich via Facebook zu den Vorwürfen von Unge geäußert. Dieses Statement zeigt ein anderes Bild. Zum Thema fehlende Unterstützung schreibt Olsson: „Viele Leistungen, die wir Simon Unge angeboten haben (Zahlung sämtlicher Leistungen für den Besuch bei der VidCon in den USA, Finanzierung eines Roadtrip durch Europa mit befreundeten Youtubern, Hilfe bei der Organsisation der Longboardtour) hat er ausgeschlagen.“
Unge mit Vertragsbruch?
Mag man Spartacus Olsson, CEO von Mediakraft, glauben, hat Simon Unge sogar Vertragsbruch begangen. Im Bezug auf die Unterstützung einer Longboardtour, erklärt Olsson: „Er hat ein Product Placement in fünfstelliger Höhe angeboten bekommen. Dennoch hat er – nicht vertragsgemäß – ein Vermarktungsangebot eines Wettbewerbers von Mediakraft angenommen.“ Außerdem könnte Unge gegen eines Exklusivitätsklausel verstoßen haben. „Unge wird sehr wahrscheinlich nicht befugt sein einfach einen neuen Kanal aufzumachen. Schon jetzt sind ihm fast 500.000 Fans auf den neu eingerichteten Kanal („unge“ Anm. d. Red.) gefolgt. Mediakraft kann zwar bei Vorliegen einer entsprechenden Klausel nach Vorlage durch den Youtube einzelne Kanäle und Videos mangels Interesse freigeben. Dies ist hier jedoch kaum zu erwarten“, schätzt IT-Anwalt Christian Solmecke.
Tanzte Unge auf mehreren Hochzeiten?
Bezüglich der Vermarktung seines Youtube-Stars hat sich Spartacus Olsson ebenfalls geäußert. „Eine gleichzeitige Vermarktung über Dritte schlißen wir nicht aus – sie muss aber in Absprache mit uns erfolgen und geregelt werden. Und das ist bei Simon Unge nicht passiert. Damit schädigt er das gesamte Netzwerkt mit allen Mitarbeitern und Partnern.“ Hier wirft sich die Frage auf, ob Unge vielleicht eine schlechte Gewinnmarge für sich abgeschlossen hat. Mit Youtube lässt sich gutes Geld verdienen, aber „in den meisten Fällen gegen etwa 45 Prozent der Einnahmen direkt an Youtube. Es bleiben 55 Prozent die zwischen Netzwerk und Youtuber aufzuteilen sind.“, informiert Solmecke.
0,5 bis 1 Cent pro Aufruf
„Mehr als 20 Prozent davon sollte im Falle der Vermarktung durch ein Netzwerk diesem nicht zugesprochen werden. Ansonsten läge ein Verstoß gegen die üblichen Provisionsregelungen beim Managementvertrag vor“, informiert IT-Anwalt Solmecke. „Ich habe schon Verträge gesehen, bei denen YouTuber – nach Abrechnung mit Youtube – die Hälfte der verbleibenen Einnahmen an das Netzwerk abgeben sollten.“ Vielleicht hat auch Unge einen schlechten Vertrag abgeschlossen. „Beim Youtuber blieben dann noch ca. 0,5 – 1 Cent pro Videoaufruf. Bei 30 Millionen Videoaufrufen, können gute Youtube so zwischen 15.000 und 30.000 Euro im Monat verdienen. Die gleiche Summe erhält aber auch das Netzwerk, oft ohne dasss dafür eine entsprechende Gegenleistung erbracht wird.“ Demnach wäre Unges Ärger nicht ganz unverständlich.
Erstes Video bei „unge“ online
Simon Unge hat jetzt schon ein erstes Video bei Youtube eingestellt. Darin präsentiert er in 2:30 Minuten den neuen Kanal. „Das ist Unge!“, wie das Video heißt, hat innerhalb von 4 Stunden schon etwa 50.000 Views generiert.
Christian Esser