Bitten ihn seine Gesellschafter um einen (günstigen) Kredit aus den Mitteln der GmbH, so segelte er bisher wie einst Odysseus zwischen Skylla und Charybdis. Die Rechtsprechung hält jedoch inzwischen eine recht detaillierte Segelanweisung bereit (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 1.12.2008 – I Z R 102/07; BGH, Urt. v. 13.8.2009 – 3 StR 576/08), deren Beachtung es dem Geschäftsführer ermöglicht, möglichen Stolperfallen bei einer Kreditvergabe zu entgehen.
Nach § 43a GmbHG ist es dem Geschäftsführer verboten, sich selbst oder einem anderen Geschäftsführer, einem Prokuristen (§§ 48 ff. HGB) oder u.U. auch einem Handlungsbevollmächtigten (§§ 54 ff. HGB) ein Darlehen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der GmbH zu gewähren. Im Übrigen darf der Geschäftsführer Kredite zwar gewähren, aber nur dann, wenn dies mit der ihm obliegenden Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar ist (§ 43 Abs. 1 GmbHG). Grundvoraussetzung ist daher, dass die für die Kreditvergabe benötigten liquiden Mittel von der GmbH nicht selbst benötigt werden (vgl. auch § 17 InsO). Zudem muss der Rückzahlungsanspruch gegen den Kreditnehmer werthaltig sein; die Kreditkonditionen müssen einem Drittvergleich standhalten. Zu vereinbaren sind folglich regelmäßig eine angemessene Verzinsung und bankübliche Sicherheiten.
Vor diesem Hintergrund ist eine Darlehensgewährung unzulässig und damit haftungsträchtig, wenn sie mangels eines werthaltigen Rückzahlungsanspruchs zu einer konkreten Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der GmbH führt. Dies hat der Geschäftsführer vor Abschluss des Darlehensvertrages nach dem Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung genau zu prüfen, also entsprechend der Bewertung von Forderungen aus Drittgeschäften im Rahmen der Bilanzierung (§ 253 HGB). Danach ist zwar eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Darlehensrückzahlung nicht erforderlich; andererseits darf der Geschäftsführer ein Darlehen aber nicht ‑ unbesichert ‑ ausreichen, wenn ein konkretes Ausfallrisiko besteht. Erscheint aus der allein maßgeblichen ex-ante-Perspektive die Forderung als vollwertig, ist gegen die Darlehensgewährung insoweit nichts einzuwenden. Diese Beurteilung ändert sich auch nicht dadurch, dass es später wider Erwarten doch zu einem Forderungsausfall kommt (vgl. auch § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG). Den Geschäftsführer treffen allerdings ‑ auch nach einer ex-ante nicht nachteiligen Darlehensausreichung ‑ detaillierte Kontrollpflichten. Er hat daher laufend etwaige Änderungen des Kreditrisikos zu prüfen und auf eine sich nach der Darlehensausreichung andeutende Bonitätsverschlechterung des Darlehensnehmers ggf. mit einer Kreditkündigung (vgl. § 490 BGB) oder der Anforderung von (weiteren Dritt-) Sicherheiten zu reagieren.
Werden diese engen Vorgaben nicht (ausreichend) beachtet, droht bei einem Darlehensausfall neben der zivilrechtlichen Haftung des Geschäftsführers zudem der Gesellschaft steuerlicher Unbill. Denn die Hingabe eines Darlehens an einen Gesellschafter stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn schon bei der Darlehenshingabe mit der Uneinbringlichkeit gerechnet werden muss, oder wenn das Darlehen zinslos oder zu einem außergewöhnlich geringen Zinssatz gewährt wird (vgl. H 36 V KStR). Erfüllt der Geschäftsführer die Prüfungspflichten hinsichtlich der Bonität des Kreditnehmers nicht ausreichend auf Basis umfassender sowie sorgfältig geprüfter und analysierter Informationen, kommt sogar eine strafrechtliche Haftung in Betracht. Eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes liegt dann nahe (§ 266 StGB).
Fazit: Ein Geschäftsführer ist zur eigenen Haftungsprävention gut beraten, dem Wunsch eines Gesellschafters nach Darlehensgewährung nicht vorschnell nachzukommen. Bei einer Darlehensgewährung sind die Interessen der Gesellschaft angemessen dadurch zu berücksichtigen, dass ein Darlehensvertrag quasi nur zu marktüblichen Konditionen schriftlich geschlossen wird.
Christoph Hülsmann